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Wirtschaft: Bloß kein Geld ausgeben

Die Krise bei Opel und Karstadt hat die Menschen verunsichert – deswegen konsumieren sie wieder weniger

Berlin - Entlassungen, die angedrohte Verlagerung von Arbeitsplätzen, über vier Millionen Arbeitslose und nun auch noch die Krise bei Karstadt und Opel – die Stimmung in Deutschland ist mies. So mies, dass die Menschen im Oktober nicht nur die wirtschaftliche Situation, sondern auch ihre persönliche wieder schlechter einschätzen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Konsumklimastudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg. „Offenbar haben durch Karstadt-Quelle und Opel viele Beschäftigte das Gefühl, dass auch ihr Arbeitsplatz gefährdet ist“, sagte GfK-Experte Rolf Bürkl. Und darauf reagierten die Verbraucher mit Kaufzurückhaltung.

Dabei hatte es im September so ausgesehen, als ob die Verbraucher endlich wieder Zuversicht fassen würden, nachdem sie zuvor durch die Hartz-IV-Debatte völlig verunsichert waren. Doch der Optimismus hat nicht lange angehalten. „Die Deutschen haben ihre Erwartungen an die Konjunktur und an ihre Einkommensentwicklungen heruntergeschraubt“, sagt GfK-Mann Bürkl. So sei der Indikator für die Einkommenserwartungen um 3,2 auf minus 15,5 Zähler gesunken. „Viele Beschäftigte befürchteten, dass sie auf Zahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verzichten müssen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern“, begründet Bürkl die Angst der Menschen, bald mit weniger Geld auskommen zu müssen. Auch die Neigung der Deutschen zu größeren Neuanschaffungen ist im Oktober um 1,2 auf minus 28,6 Punkte zurückgegangen.

Was den Konsum angeht, so ist nach Ansicht der GfK das Jahr 2004 nun endgültig gelaufen. Und auch im kommenden Jahr sei nicht damit zu rechnen, dass sich die Verbraucherstimmung spürbar bessere. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) hingegen hatte noch am Dienstag verkündet, dass er davon ausgehe, dass das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr anziehen werde. „Im Vergleich zum Vorjahr werden wir eine Milliarde Euro mehr umsetzen“, hatte HDE-Präsident Hermann Franzen gesagt. Eine Prognose, die sich angesichts der Konsumzurückhaltung der Deutschen als zu optimistisch erweisen könnte. „Natürlich ist der Einzelhandelsverband geneigt, eine gute Stimmung herbeizureden, weil die Monate November und Dezember die letzte Hoffnung für die Branche sind“, sagte Joachim Zentes, Professor für Handelsmanagement und Marketing an der Universität Saarbrücken. Aber mit einem Schub sei im Weihnachtsgeschäft nicht zu rechnen. „Angesichts der allgemeinen Verunsicherung werden die Leute ihr Weihnachtsgeld wohl auf die Bank und nicht in die Geschäfte tragen.“

Die Marktforscher glauben allerdings, dass die Stimmung derzeit negativer ist, als sie tatsächlich sein müsste. „Den Deutschen fehlt die Form von Optimismus, den die Amerikaner haben“, sagt Konsumforscher Bürkl. „Dort reagieren die Menschen auf Krisen nicht mit Sparen, sondern sie kaufen dann erst recht.“ Das Paradebeispiel sei der 11.September. Danach hätten die Verbraucher in den USA es nahezu als ihre patriotische Pflicht angesehen zu konsumieren.

Dass die Deutschen derzeit keinen Grund zum Optimismus sehen, bestätigt auch eine Forsa-Umfrage. Nach der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung rechnen 50 Prozent der Bevölkerung damit, dass sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtern werden. Nur 21 Prozent glauben daran, dass es bergauf geht. Zurückhaltend äußern sich auch Konjunkturexperten. „Das Wirtschaftswachstum steht weiter auf sehr wackeligen Beinen, und ich glaube nicht, dass der private Konsum hier einen Schub geben wird“, sagte Andreas Rees von der Hypo-Vereinsbank.

Dagmar Rosenfeld

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