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Alles so schön bunt hier. Volle 48 Euro gibt jeder Deutsche im Durchschnitt für Balkon- und Gartenpflanzen aus. Die beiden Hobbygärtner hier offensichtlich etwas mehr. Foto: dapd

© ddp

Wirtschaft: Blühende Landschaften

Wer seinen Balkon bepflanzt, kurbelt die Wirtschaft an. Drei Viertel der Topfblumen hierzulande stammen aus Deutschland

Berlin - Grün muss er sein. Je nach Geschmack auch gern mit bunten Farbakzenten versehen. Nur trostlos, leer und grau darf es in Balkonkästen nicht aussehen.

Doch nicht nur die mitleidig pikierten Blicke der Nachbarn sprechen dafür, den Balkon möglichst reichhaltig zu bepflanzen – viel Grün kurbelt auch die heimische Wirtschaft an. Denn die große Mehrheit der Pflanzen, die in Deutschlands Beeten und Balkonen landet, wird auch hierzulande angebaut: Die Eigenversorgung liegt bei 76 Prozent.

Damit steht also auch das Umweltgewissen einer Balkonbepflanzung nicht im Weg: Während 80 Prozent der Schnittblumen neben den Niederlanden und Italien vor allem aus Kenia und Ecuador CO2-reich eingeflogen werden, reisen Topfpflanzen fast ausschließlich per LKW. „Mit Ausnahme von ein paar Exoten“, sagt Frank Zeiler, Geschäftsführer des Verbands des Deutschen Blumen Groß- und Importhandels (BGI). Und die Topfpflanzen, die die Deutschen nicht selbst produzieren, stammen aus den Nachbarländern Niederlande, Dänemark, Italien, Belgien und Spanien.

Das ist ein gutes Geschäft. 48 Euro jährlich geben die Deutschen durchschnittlich für Außenpflanzen aus, eingerechnet auch diejenigen, die weder Balkon noch Garten haben. Nach Angabe der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) liegt der Umsatz mit Beet- und Balkonpflanzen zu Einzelhandelspreisen jährlich bei knapp zwei Milliarden Euro. Nimmt man die Gartenpflanzen, die für den normalen Balkon zu groß sind, Stauden und Gehölze dazu, schätzte der Zentralverband Gartenbau (ZVG) den Umsatz 2010 auf beinahe das Doppelte.

Während Gewächshäuser für Schnittblumen und Zimmerpflanzen gerade im Winter stark beheizt und oftmals auch beleuchtet werden müssen, ist die Produktion von Gartenpflanzen für den heimischen Markt weniger energieaufwendig. Zwar wachsen viele Beet- und Balkonpflanzen – um zur passenden Jahreszeit verkaufsbereit zu sein – zwar in Gewächshäusern, jedoch müssen die meist nur leicht temperiert werden. Von den 7150 Hektar Land, auf denen Zierpflanzen in Deutschland angebaut werden, wachsen 4900 unter freiem Himmel und 2250 Hektar unter Glas.

Ähnlich wie das heimisch produzierte Obst und Gemüse werden die Beet- und Balkonpflanzen überwiegend am Niederrhein angebaut. Dort ist die Witterung günstig: Es herrscht ein milderes Klima mit ausgeglichenem Niederschlag und es gibt guten Boden mit vorteilhafter Wasserhaltefähigkeit. Dort in Nordrhein-Westfalen sitzen die Großhändler, und dort finden auch die wichtigen Blumenversteigerungen statt. „Die meisten Großhändler arbeiten nicht regional“, sagt Zeiler. „Da hinken die neuen Bundesländer und der Großraum Berlin noch hinterher.“

Deshalb werden auch die meisten Baumärkte und Gartencenter in Berlin und Brandenburg vom Niederrhein beliefert. Beispielsweise bezieht der Berliner Großmarkt an der Beusselstraße ausschließlich Topfpflanzen vom deutschen Marktführer Landgard aus NRW. Dabei gibt es auch in der Region einen regen Anbau von Beet- und Balkonpflanzen. Geranie, Stiefmütterchen und Primeln, Petunien, Fuchsien und viele mehr werden in 90 brandenburgischen Betrieben angebaut. Die meisten davon sind jedoch kleinere Mittelstandsunternehmen und Familienbetriebe. Die gesamte Anbaufläche ist mit 107 Hektar, davon 61 im Freiland und 46 unter Glas, vergleichsweise klein. Viele der Betriebe liefern nicht an die großen Abnehmer sondern verkaufen direkt am Anbaustandort oder in eigenen Blumenläden. Das Rosengut beispielsweise, der größte Betrieb in der Region, lebt allein vom Verkauf in der großen Halle direkt in Michendorf. Blugesa aus Brandenburg/Havel hingegen beliefert neben dem Verkauf in neun eigenen Blumenläden auch die Märkte Hornbach und Pflanzen Kölle.

Jedoch warnt Margarete Löffler vom Landesverband Gartenbau Brandenburg: „Wer Produkte aus der Region möchte, der geht am besten direkt zur Einzelhandelsgärtnerei.“ Dort gibt es auch besondere Betreuung: Bei einigen Betrieben kann man zum Beispiel seinen Balkonkasten abgeben und ihn fertig bepflanzt wieder abholen. Drin steckt dann aber meist immer das Gleiche: Die Geranie ist seit Jahren der unangefochtene Liebling der Deutschen, gefolgt von Stiefmütterchen und Sommerheide. Immer beliebter werden aber auch italienische Kräuter, die auf dem Balkon nicht nur hübsch aussehen sondern auch gut schmecken und riechen.

Wer glaubt, dass es für eine Bepflanzung nun ohnehin schon zu spät ist, der irrt. Im Gegenteil: Es macht durchaus Sinn, die Eisheiligen Mitte Mai abzuwarten. Denn, so sagt es die Bauernregel, wenn es dann friert, sind die Blumen ruiniert.

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