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Wirtschaft: BMW steckt Milliarden in das Rover-Werk

LONDON (tor/HB). Mit einem weiteren finanziellen Kraftakt will der BMW-Konzern seine britische Tochter Rover in zweieinhalb Jahren aus den roten Zahlen holen.

LONDON (tor/HB). Mit einem weiteren finanziellen Kraftakt will der BMW-Konzern seine britische Tochter Rover in zweieinhalb Jahren aus den roten Zahlen holen. "Wir wollen bis 2002 die Gewinnzone erreichen", sagte BMW- Chef Joachim Milberg in London. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Rover noch einen Verlust von fast 1,9 Mrd. DM. BMW investiert in den kommenden fünf Jahren zehn Mrd. DM in seine Tochter und den britischen Markt. Großbritannien steuert 150 Mill. Pfund (umgerechnet rund 458 Mill. DM) Unterstützung bei."Ein außergewöhnlich günstiger Deal für die britische Regierung", sagte Industrieminister Stephen Byers zufrieden. Allerdings muß die EU-Kommission den Subventionen noch zustimmen. Insgesamt will BMW in den kommenden fünf Jahren weltweit rund 30 Mrd. DM investieren.Die EU-Kommission wartet auf die Anmeldung der britischen Staatsbeihilfen für die BMW-Tochter Rover. Wie ein Sprecher der Behörde am Mittwoch in Brüssel sagte, sind die 150 Mill. Pfund noch nicht notifiziert worden. Die Kommission muß laut EU-Vertrag prüfen, ob Subventionen den Wettbewerb verzerren. Bei Beihilfen für die Autoindustrie sind die Auflagen streng, da die Branche Überkapazitäten hat. Es habe schon Gespräche zwischen der Behörde und dem Unternehmen gegeben. Wie der Sprecher sagte, müßte BMW detailiert vorrechnen, daß sie Kostennachteile gegenüber einer Investition beispielsweise an einem osteuropäischen Standort habe. Nach Berechnungen der Kommission bieten Standorte in Osteuropa einen Kostenvorteil von etwa zehn bis 15 Prozent. Die Beihilfe dürfte diese Marge nicht überschreiten. "Das Unternehmen muß uns überzeugen, daß es wirklich vorhatte, an einem solchen billigeren Standort zu investieren und entsprechende nachprüfbare Kalkulationen vorlegen", sagte der Sprecher.Milberg versicherte, die Zukunft des größten Rover-Werks in Longbridge bei Birmingham sei nun gesichert. Von dieser Entscheidung hängen 9000 Arbeitsplätze in dem Werk und etwa 40 000 Stellen bei den Zulieferern ab. "Wir versprechen: Birmingham wird ein Werk werden, das sich mit den besten der Welt messen kann", sagte Milberg. Nicht nur die technische Ausstattung werde erneuert, auch die Produktivität der Beschäftigten solle stark verbessert werden. Auch künftig werde Rover Mittelklasse-Modelle entwickeln und produzieren. Damit halte BMW an seiner bisherigen Strategie eines Komplett-Anbieters fest.Seit der Rover-Übernahme 1994 hat BMW bereits 6,5 Mrd. DM in neue Modelle, Fertigung, Vertrieb und Technologien des britischen Traditionsunternehmens gesteckt. Besorgt zeigte sich Milberg am Mittwoch über das immer stärker werdende Pfund, das inzwischen bei mehr als drei D-Mark steht. "Das ist ein bedeutender negativer Effekt", sagte er. "Es ist noch immer unsere Erwartung, daß die britische Währung Teil der EU-Währung werden wird." Damit sorgte er in Großbritannien für innenpolitischen Zündstoff. Der Euro ist dort äußerst umstritten.Mit der Einigung endeten monatelange Verhandlungen zwischen BMW und der Regierung in London. Dabei ging es vor allem um den Fortbestand von Longbridge. BMW will seine Produktpalette in dem Werk durch ein kleines Mittelklasseauto mit dem Codenamen "R30" erweitern. Es soll in der "Golf"-Klasse antreten. In den kommenden fünf Jahren soll sich die Produktionskapazität in der zur Zeit völlig veralteten Fabrik von 250 000 Wagen pro Jahr auf eine halbe Million verdoppeln.Rover hatte 1998 mit einem Rekordverlust von 1,9 Mrd. DM die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Das Debakel hatte Anfang dieses Jahres zum Rücktritt des BMW-Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder geführt.Britische Gewerkschaften äußerten sich hocherfreut über das gewaltige Investitionsprogramm des Münchner Unternehmens. "Das ist der Wendepunkt für Longbridge", sagte Gewerkschaftssprecher Ken Jackson. Sein Kollege Roger Lyons fügte hinzu: "Wir freuen uns vor allem über die Jobsicherheit." Wenn die britische Regierung keine Hilfen bereitgestellt hätte, wäre BMW wahrscheinlich nach Ungarn ausgewichen und hätte Longbridge geschlossen.

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