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Wirtschaft: Boeing bekommt wieder einen Chef

3M-Topmanager James McNerney gilt als Sanierer

New York - Der amerikanische Luftfahrtkonzern Boeing bekommt eine neue Führung. James McNerney, der bisher an der Spitze des Konsumgüterherstellers 3M stand, übernimmt die Boeing-Führung, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Der Posten war seit drei Monaten vakant, nachdem Vorgänger Harry Stonecipher wegen einer Liebesaffäre zurücktreten musste. McNerney übernimmt außerdem den Vorsitz im Verwaltungsrat, den bisher Lew Pratt geleitet hatte.

Der bisherige 3M-Chef sticht damit zwei Boeing-Spitzenmanager aus, die sich große Hoffnungen auf den Chefposten gemacht hatten. Es blieb zunächst unklar, ob die beiden – Alan Mulally, der die Sparte kommerzielle Luftfahrt leitet, und der Chef des Bereichs Integrierte Verteidigungssysteme, James Albaugh – nun noch im Konzern bleiben.

Der 55-jährige McNerney war seit 2001 Unternehmenschef und Vorsitzender des Verwaltungsrates beim Mischkonzern 3M, den er wieder auf Erfolgskurs brachte – durch Kostensenkungen, Stellenabbau und ambitionierte Renditevorgaben an die einzelnen Sparten. Erfahrungen im zivilen und militärischen Flugzeuggeschäft hat er als ehemaliger Leiter der Sparte Flugzeugturbinen bei der General Electric Co gesammelt. Er war zudem als Nachfolger von GE-Chef Jack Welsh im Gespräch. Bereits seit 2001 sitzt McNerney im Verwaltungsrat von Boeing.

Er übernimmt die Unternehmensführung zu einem Zeitpunkt, an dem Boeing gegenüber seinem schärfsten Konkurrenten, dem europäischen Luftfahrtkonzern EADS mit seiner Tochter Airbus, wieder aufgeholt hat. Noch im Frühjahr hatte McNerney kein Interesse daran gezeigt, 3M zu verlassen. Presseberichten zufolge änderte er seine Meinung nach Verhandlungen mit Boeing und Industrievertretern in den letzten Wochen. Am vergangenen Wochenende hat sich demnach der Boeing-Vorstand intensiv mit der Personalfrage beschäftigt, wobei es hauptsächlich um McNerneys Gehaltspaket gegangen sei.

Boeing habe sich nicht für eine interne Lösung entschieden, weil ein Außenseiter besser in der Lage wäre, das öffentliche Image des Konzerns nach mehreren Skandalen aufzupolieren, hieß es im „Wall Street Journal“. Zwei führende Mitarbeiter sind im Gefängnis gelandet, weil sie gegen den Verhaltenskodex des Unternehmens verstoßen hatten. Die Chefetage ist seit Dezember 2003 im Umbruch. Damals war der langjährige Unternehmenschef und Vorstandsvorsitzende Phil Condit nach der abrupten Entlassung des Finanzvorstands Michael Sears zurückgetreten. Sears hatte illegale Anstellungsgespräche mit einer früheren Mitarbeiterin im Beschaffungsamt der US-Luftwaffe geführt. Beide bekannten sich schuldig und sitzen zurzeit Haftstrafen ab. Gleich nach Condits Rücktritt nahm Boeing Kontakt zu McNerney auf, der aber noch ablehnte. Boeing holte deshalb den damals 67 Jahre alten Stonecipher aus dem Ruhestand zurück, der aber über eine Affäre mit einer Boeing-Angestellten stolperte. Nach dem Verhaltenskodex des Konzerns genug Grund für einen Rausschmiss. Finanzvorstand James Bell übernahm die Unternehmensführung kommissarisch.

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