zum Hauptinhalt
Schlecker

© dpa

Boykott: Schaulaufen im Drogeriemarkt

Marktführer Schlecker renoviert das Sortiment - doch die Kunden gehen lieber zu Rossmann und dm. Grund könnten die schlechten Arbeitsbedingungen sein.

Im scharfen Wettbewerb der Drogerieketten verliert der Marktführer Schlecker auf dem deutschen Markt an Boden. Nach einer aktuellen Kundenumfrage holen die Wettbewerber Rossmann und dm spürbar auf. Wie eine exklusiv für das "Handelsblatt" erstellte Studie des Kölner Marktforschungsinstituts Grass Roots ergab, kosten die angeblich schlechten Arbeitsbedingungen in den Filialen Schlecker Umsätze im Heimatland. Grass Roots hatte 2000 Bundesbürger nach ihren Einkaufsgewohnheiten und dem Image der Drogeriediscounter befragt.

Fast die Hälfte der Deutschen meidet nach eigenen Angaben die blau-weißen Filialen von Schlecker. Besser schneiden laut Umfrage dm und Rossmann ab. 52 Prozent der Befragten würden für dm einen Umweg in Kauf nehmen, obwohl es zu einem Wettbewerber näher wäre. Rossmann kommt bei dieser Frage auf 42 Prozent - Schlecker dagegen nicht einmal auf zwölf Prozent. Dabei gaben drei von vier Kunden an, die Diskussion über die Qualität von Arbeitsplätzen im Einzelhandel verfolgt zu haben. 44 Prozent der Verbraucher erklärten, wegen dieser Berichte hätten sie in den vergangenen Monaten die Läden von Schlecker gemieden. Schleckers Wettbewerber kommen dagegen auf eine Boykottquote von unter vier Prozent.

Schlecker war in der Vergangenheit wegen seiner Personalpolitik und Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten. Dort spähten angeblich Detektive und Sicherheitskräfte durch Lochwände in die Verkaufsräume, hatte die Gewerkschaft Verdi vor einem Jahr veröffentlicht. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Eine generelle Überwachung oder gar eine systematische Bespitzelung von Mitarbeitern finde bei Schlecker nicht statt. "Nur bei begründetem Verdacht auf Diebstahls- oder Unterschlagungsdelikte durch Mitarbeiter finden in Einzelfällen sorgfältig abgewogene Kontrollen in angemessener Form durch Vorgesetzte oder Ermittler statt", hatte es in einer Stellungnahme geheißen.

Doch der Imageschaden scheint sich auf das Geschäft des Branchenführers auszuwirken. Beobachter halten die Ertragssituation von Schlecker in Deutschland für bescheiden. Schon lange seien die Erlöse nicht mehr gewachsen - im Gegensatz zu denen von dm und Rossmann. 2007 hatte Schlecker seinen Umsatz zwar um sechs Prozent auf 7,42 Milliarden Euro erhöht, gleichzeitig aber auch die Drogeriekette Ihr Platz übernommen. Flächenbereinigte Umsätze nennt das schwäbische Familienunternehmen ebenso wenig wie Ertragszahlen. Auch in puncto Sortimentsbreite, Produktqualität und Preispolitik liegt Schl

ecker in den Umfragewerten hinter dm und Rossmann. Um solche Defizite aufzuholen, will Schlecker unter der Marke Schlecker XL künftig nur noch Filialen mit mehr als 400 Quadratmetern eröffnen. Viele bisherige Märkte besitzen lediglich 250 Quadratmeter. Die neuen Märkte sollen großzügiger eingeräumt und farblich in Sortimente wie Gesundheit, Schönheit und Ernährung unterteilt werden. Anstelle der bisher 5000 Artikel will der schwäbische Drogeriediscounter 12 000 verschiedene Produkte in die Regale räumen. Rund 4000 kleinere von insgesamt gut 10 000 deutschen Schlecker-Filialen stehen 2009 nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor der Schließung. Bis zu 12 000 Jobs seien potenziell gefährdet, das wäre fast jede dritte Stelle in Deutschland.

Experten sehen den Umbau mit Skepsis. "Das Leistungsniveau von Rossmann oder dm erreicht Schlecker mit seinen XL-Märkten noch nicht", glaubt etwa Thomas Roeb, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Zu befürchten sei zudem, dass die kleinere Zahl von Läden und damit die verringerte Reichweite den Gesamtumsatz von Schlecker schmälere. "Schlecker fehlen momentan die Kostenstruktur, die Mitarbeiterstruktur und profilierte Eigenmarken wie die von dm", kritisiert Roeb. Das Unternehmen selbst war für eine Stellungnahme am Wochenende nicht zu erreichen. HB mit Tsp

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false