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Wirtschaft: Brüssel begrüßt Welthandels-Initiative der US-Regierung

Washington stellt Bedingungen für neue Gespräche: Zuerst soll die Einigung über den Abbau von Agrarbeihilfen erzielt werden

Berlin/Brüssel (cr/ink/jh/jdh/HB). Mit vorsichtiger Zustimmung ist in Europa die Initiative der USRegierung begrüßt worden, neuen Schwung in die festgefahrene Welthandelsrunde zu bringen. Doch die damit verknüpften Bedingungen stoßen in der Wirtschaft auf Kritik. In einem dem „Handelsblatt“ vorliegenden Brief an 148 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) hatte der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick angeregt, sich erst über Fortschritte beim Zollabbau für Industrieprodukte zu unterhalten, wenn eine Einigung über die umstrittenen Agrarsubventionen erzielt sei.

Die EU-Kommission begrüßte die Initiative der US-Regierung. Dies sei ein klares Signal dafür, dass die Bush-Administration trotz der beginnenden Wahlkampagne die festgefahrenen Handelsgespräche ernsthaft weiterverfolgen möchte, sagte die Sprecherin von Handelskommissar Pascal Lamy in Brüssel. Man hoffe, die Verhandlungen wie geplant bis zum Jahresende abzuschließen.

Dessen ungeachtet traten die jahrelangen Differenzen zwischen den beiden Handelsmächten erneut zu Tage. Die EU will im Agrarsektor einer Eliminierung der Exporthilfen nur zustimmen, wenn die US-Regierung bereit ist, ihre ausfuhrfördernden Programme wie internationale Lebensmittelhilfen und Exportkredite abzuschaffen. Zugleich wurde deutlich, dass die Europäer die Exportbeihilfen nur bei Agrarlieferungen in Entwicklungsländer auslaufen lassen wollen. Offen ließ die Sprecherin Lamys, über welchen Zeitraum die Beihilfen abgeschafft werden sollen. „Jetzt müssen wir über konkrete Quoten, Produkte und Länder sprechen“, sagte sie. Um die WTO-Verhandlungen wieder aufzunehmen, müssen in Genf im Februar erst neue Vorsitzende für die einzelnen Verhandlungsgruppen ernannt werden.

Wie schon Lamy warnt auch Zoellick davor, dass sich 2004 zu einem „verlorenen Jahr“ für die WTO-Verhandlungen entwickeln könnte. Die amerikanische Kompromissbereitschaft knüpft Zoellick jedoch an Bedingungen. „Nach meiner Einschätzung müssen wir erst eine konkretere Verständigung im Agrarsektor entwickeln, bevor die Verhandlungen über den Marktzugang für Industriegüter weitergehen können“, schrieb er.

In der Industrie wird dieser Vorbehalt mit Missfallen aufgenommen. Zwar begrüßt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dass sich die EU bei den umstrittenen Singapurthemen, zu denen auch neue Investitions- und Wettbewerbsregeln gehören, beweglicher zeigt und „dass die USA den Finger in die Wunde Agrarsubventionen legen“. Aber dass Verhandlungen über den Abbau von Industriezöllen zurückgestellt werden sollen, sei nicht im Interesse der europäischen Wirtschaft, sagte Handelsexpertin Claudia Wöhrmann. „Das wird kein erfolgversprechendes Konzept sein, um die Europäer zu Kompromissen zu bewegen.“ Kritisch sieht der BDI auch, dass die USA von der EU die Eliminierung von Exportsubventionen verlange, selbst aber nur vage Vorschläge für den Abbau eigener Agrarbeihilfen mache.

Mit der neuen Initiative verlassen die USA die gemeinsame Plattform mit der EU, die sie vor Cancún bezogen hatten. „Dieses Zusammengehen war eine der großen psychologischen Hürden für die Entwicklungs- und Schwellenländer“, sagt Wöhrmann. Jetzt unterstreicht Zoellick auch die Bereitschaft seiner Regierung, über die Streichung von Subventionen für US-Baumwollfarmer zu reden.

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