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Brüssel: Weniger Milch macht’s

Neue Vorschläge: Brüssel erlaubt den EU-Mitgliedsstaaten, die Quoten zu verringern. Das sorgt für höhere Preise.

Berlin - EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel kommt den Milchbauern, die für höhere Preise kämpfen, entgegen. Unter dem Eindruck der europaweiten Bauernproteste legte die Dänin am Donnerstag vor dem Europaparlament in Straßburg neue Vorschläge gegen den Verfall der Milchpreise vor. Die Mitgliedsländer sollen die Möglichkeit erhalten, Quoten von Landwirten aufzukaufen, die sich aus dem Betrieb zurückziehen. Diese Quoten sollen in die sogenannte nationale Reserve gehen. So soll die Produktion verringert und die Preise stabilisiert werden. Zudem dürfen die Staaten künftig Strafen gegen Milchbauern verhängen, die mehr Milch herstellen als ihre Quote erlaubt.

Die Milchproduktion unterliegt einem strengen Quotensystem. In der Europäischen Union wird mittels einer Milchquote festgelegt, wie viel Milch produziert werden darf. Darüber hinaus gibt es für jedes Mitgliedsland eine nationale Quote. Dieses System setzt sich bis zum einzelnen Hof fort. Jeder Milchbauer hat eine bestimmte Produktionsquote. Die Milchpreise sind ins Rutschen gekommen, weil es ein Überangebot an Milch gibt. In der EU ist die Milchquote in diesem Jahr um ein Prozent heraufgesetzt worden. Im Jahr 2015 soll die Milchquote ganz abgeschafft werden. Daran hält Fischer Boel weiterhin fest.

Seit Tagen kämpfen Milchbauern in Europa für das Beibehalten der Milchquote über 2015 hinaus und für eine Verknappung der Milchmenge. Auch am Donnerstag gingen die Proteste weiter. Zehntausende Landwirte in acht europäischen Ländern lieferten nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) weiterhin keine Milch. Auch BDM-Chef Romuald Schaber kippte die Milch seiner Kühe in die Gülle.

Der Vorstoß der EU-Kommissarin stieß bei den deutschen Bauern auf ein unterschiedliches Echo. Der Deutsche Bauernverband vermisste „schnell wirkende Signale in den Markt hinein“. Dagegen nannte BDM-Sprecher Hans Foldenauer die Vorschläge einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“. „Der Markt wird entlastet“, sagte Foldenauer dem Tagesspiegel, nun müssten Bund und Länder die Hilfsmaßnahmen schnell umsetzen. „Es gibt keine Ausrede mehr“, mahnte der BDM-Sprecher Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und die Länderagrarminister, die sich am Donnerstag zu einer zweitägigen Konferenz in Eisleben getroffen haben. Aigner kritisierte Fischer Boel. Die kurzfristigen Maßnahmen, insbesondere zum Herauskaufen von Milchquoten, seien „noch sehr unkonkret.“ Sie wolle in der kommenden Woche in Brüssel Gespräche führen, um zu einer „eindeutigen Verbesserung zu kommen“.

Neben der Verknappung der Milchmenge will Fischer Boel mehr Transparenz in den Milchmarkt bringen. Eine Arbeitsgruppe aus Experten der EU-Staaten soll Vorschläge für Verträge zwischen Milcherzeugern und der verarbeitenden Industrie erarbeiten. Diese Verträge sollen den Bauern mehr Sicherheit geben. „Wir wissen nicht, wo der Mehrwert verschwindet“, räumte Fischer Boel ein. Auch auf die deutschen Discount-Supermärkte ist die Dänin nicht gut zu sprechen. Sie forderte die Wettbewerbsbehörden auf, deren extrem niedrige Milchpreise unter die Lupe zu nehmen. Beim Bundeskartellamt hieß es auf Anfrage, konkrete Missbrauchsverfahren stünden derzeit nicht an. Allerdings beobachte die Behörde das Preisgebaren der Discounter schon seit längerer Zeit. Die Milchbauern fordern 40 Cent pro Liter Milch, von den Molkereien bekommen sie im Schnitt aber nur 21 Cent.

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