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Wirtschaft: BSE: Die Rindfleischberge wachsen weiter

Die BSE-Krise ist überwunden, der Rindfleischmarkt jedoch keineswegs entspannt - so lautet die Quintessenz der Berichte, die die EU-Kommissare Franz Fischler und David Byrne den Agrarministern bei ihrem Agrarrat in Brüssel am Montag präsentierten. Die Tests in Deutschland hatten 82 BSE-Fälle ergeben.

Die BSE-Krise ist überwunden, der Rindfleischmarkt jedoch keineswegs entspannt - so lautet die Quintessenz der Berichte, die die EU-Kommissare Franz Fischler und David Byrne den Agrarministern bei ihrem Agrarrat in Brüssel am Montag präsentierten. Die Tests in Deutschland hatten 82 BSE-Fälle ergeben. Das ist eine ähnliche Größenordnung wie in Frankreich. Epidemische Ausmaße des Rinderwahnsinns wie in Großbritannien, wo Hunderttausende von Fällen auftraten, aber wurden auf dem europäischen Festland nicht verzeichnet.

Vielleicht ist das der Grund, aus dem die Mitgliedstaaten bei den Haushaltsberatungen für 2002 in der vergangenen Woche optimistisch die geplante Milliarde Euro für die Folgen von BSE und der Maul- und Klauen-Seuche aus dem Budget herausstrichen. Von einer positiven Tendenz auf dem Rindfleischmarkt kann jedenfalls gegenwärtig nicht die Rede sein, im letzten Monat ist die Nachfrage nach einem erstem BSE-Fall in Griechenland nach kurzer Erholung in den Vormonaten wieder zurückgegangen, für den Herbst rechnet Agrarkommissar Franz Fischler mit großen Rindfleischmengen auf dem europäischen Markt.

"Wenn die Schlachtsaison beginnt, füllen sich auch die Interventionslager", kündigt ein Brüsseler Agrarexperte an. Der Streit mit der deutsche Verbraucherministerin Renate Künast dürfte programmiert sein, wenn die Interventionsmengen weiter erhöht werden müssen. Wenn es nicht zu Strukturveränderungen in der Agrarpolitik kommt, werden die unverkäuflichen Rindfleischüberschüsse bis 2004 auf 750 000 Tonnen wachsen und erst danach langsam zurückgehen, so die Marktprognosen für die Landwirtschaft der EU und der Kandidatenstaaten.

Auch in den darauf folgenden Jahren bis 2008 ist weiter mit einem Rindfleischberg von 250 000 Tonnen zu rechnen. Die Agrarexperten der EU-Kommission sind deshalb weiter alarmiert. "Die Debatte über das Sieben-Punkte-Programm von Kommissar Fischler hat gezeigt, dass die Mitgliedsstaaten nichts aus der BSE-Krise gelernt haben", sagt ein Fachmann. Vor vier Wochen haben die Agrarminister zwar Maßnahmen zur Stabilisierung des Rindfleisch-Marktes beschlossen. Doch das von Agrarkommissar Fischler vorgeschlagene Sieben-Punkte-Programm zum Abbau der Überproduktion von Rindfleisch wurde auf Wunsch der einzelnen Agrarminister stark verwässert. Verbraucherministerin Renate Künast hatte das Programm anfangs als nicht weitgehend genug abgelehnt. Schließlich setzte sie jedoch - ganz im nationalen Interesse - durch, dass die zunächst geplante Höchstbestandsgrenze von 90 Tieren pro gefördertem Betrieb gestrichen wurde. Denn diese hätte die Subventionen für Großbetriebe im Osten Deutschlands gefährdet.

Die übrigen EU-Mitgliedsstaaten können jetzt selbst entscheiden, ob sie die 90 Tiere-Grenze anwenden wollen oder nicht. Jedenfalls stimmte Deutschland den übrigen Maßnahmen zu, nämlich einer Verringerung der Besatzdichte und der Möglichkeit, Agrarbeihilfen bis zu einer Höhe von 1250 Euro pauschal auszuzahlen. Außerdem sollen von 2003 an nur noch 1,8 anstatt zwei Rinder pro Hektar subventioniert werden. EU-Kommissar Fischler will jetzt versuchen, die Überproduktion von Rindfleisch mit Hilfe der durch die Agenda 2000 vorgeschriebenen Bestandsaufnahme einzudämmen, die er im Frühjahr nächsten Jahres vorlegen will. Kurzfristig kann er angesichts der Rindfleischberge zwar nur auf die Ausweitung der EU-Interventionsmaßnahmen setzen. Langfristig aber sollen im nächsten Jahr Vorschläge zur Veränderung der Rindermarktordnung gemacht werden, die die Subventionen so steuern, dass es sich lohnt, weniger Fleisch zu produzieren. Schon jetzt weiß Fischler, dass die großen Rindfleischproduzenten Frankreich, Spanien, Belgien und Griechenland ihm dabei Schwierigkeiten machen werden. Große Schwierigkeiten werden jedoch auch deshalb entstehen, weil eine stärkere Förderung der ländlichen Entwicklung von den Mitgliedstaaten kofinanziert werden muss. Das könnte für Deutschland als Nettozahler allerdings günstiger sein.

Mariele Schulze Berndt

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