zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Buchpreisbindung: Der Streit kann Jahre dauern

Deutsche Bücherfreunde dürfen sich nach Einschätzung von Handel und Verlagen keine großen Hoffnungen machen, künftig Bestseller-Schnäppchen über das Internet aus Österreich zu beziehen. Nach dem Streit um entsprechende Billigangebote der Wiener Handelskette Libro zeigt sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zuversichtlich, dass sich eine derartige Umgehung der Buchpreisbindung auf juristischem Wege verbieten lässt.

Deutsche Bücherfreunde dürfen sich nach Einschätzung von Handel und Verlagen keine großen Hoffnungen machen, künftig Bestseller-Schnäppchen über das Internet aus Österreich zu beziehen. Nach dem Streit um entsprechende Billigangebote der Wiener Handelskette Libro zeigt sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zuversichtlich, dass sich eine derartige Umgehung der Buchpreisbindung auf juristischem Wege verbieten lässt. Es werde allerdings voraussichtlich zu einem mehrjährigen Musterprozess des Münchner Piper-Verlags mit Libro kommen, der wahrscheinlich erst vor dem Europäischen Gerichtshof entschieden werde, sagte Börsenverein-Vorsteher Roland Ulmer am Freitag in Frankfurt am Main.

Er machte zugleich deutlich, dass der Buchhandel mit aller Macht eine neue Grundsatzdebatte über die Buchpreisbindung verhindern wolle. Man habe "kein Interesse" an einer Fortsetzung der Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission. Den Streit mit Libro müssten nun die Gerichte entscheiden.

Der Wiener Handelskonzern hatte am 1. Juli unmittelbar nach Aufhebung der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung zwischen Deutschland und Österreich über seine Internet-Tochter Bestseller auch deutscher Verlage mit einem Preisnachlass von bis zu 20 Prozent angeboten. Daraufhin stellten mehrere deutsche Verlagshäuser und Großbuchhändler ihre Lieferungen an Libro ein. Die Österreicher beschwerten sich darüber bei der EU-Kommission und beantragten einstweilige Verfügungen gegen den Boykott bei deutschen Gerichten. Einen entsprechenden Antrag gegen den Lieferstopp des Berliner Aufbau-Verlages hatte das zuständige Landgericht zurückgewiesen. Die Verlage sehen sich dadurch in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Ihr Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfells betonte, das Urteil gebe "eine gewisse Richtung" für die weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen vor. So habe das Gericht bestätigt, dass die Verlage zu einem Lieferstopp berechtigt seien, wenn sich diese Maßnahme gegen eine "unmittlbare Bedrohung des Systems der Buchpreisbindung" richte.

EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti hatte in der vergangenen Woche eine Aufsehen erregende Großrazzia in Verlags- und Handelshäusern verfügt, um dem Verdacht einer illegalen Absprache beim Vorgehen gegen Libro nachzugehen. Ulmer kritisierte die Aktion als "nervös und völlig unverständlich". "Der Lieferstopp hat nach unserer Erkenntnis nichts mit einem abgestimmten Verhalten zu tun", ergänzte Börsenverein-Justiziar Harald Heker. Weil Libro nach Gesprächen mit dem deutschen Verlagsriesen Bertelsmann die Rabatte wieder zurückgenommen hatte, durchsuchten die EU-Ermittler auch den Firmensitz der Wiener Handelskette. Nach den Worten Hekers hat Libro die Anträge auf einstweilige Verfügungen gegen den Lieferboykott inzwischen fast vollständig zurückgenommen.

Die Durchsuchungsmaßnahmen der EU-Kommission haben nach Einschätzung des Börsenvereins dem Image der Buchpreisbindung in Deutschland geschadet. Ulmer wandte sich daher gegen das Argument der Gegner, diese Einrichtung verhindere kundenfreundliche Preissenkungen. Dies gelte nur für einige wenige Bestseller. Die Mehrheit der Bücher werde vielmehr teurer.

ro

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false