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Wirtschaft: Bundesagentur ordnet ihre Arbeitsmarktpolitik

Die Nürnberger Behörde schlägt der Politik vor, die rund 80 Förderinstrumente zu vereinfachen und einige Programme zu streichen

Berlin - Die Bundesagentur für Arbeit (BA) räumt auf: Im Auftrag des Vorstands hat die Nürnberger Behörde eine Liste mit Vorschlägen erarbeitet, welche Maßnahmen wegfallen, zusammengelegt oder modifiziert werden können. Alle Förderinstrumente für Arbeitslose sind dabei überprüft worden. Ziel sei es, den Mitarbeitern in den Arbeitsagenturen „ein möglichst Erfolg versprechendes und leicht zu administrierendes, transparentes Produktportfolio zur Verfügung zu stellen“, heißt es in dem BA-Papier mit Überlegungen zur „Produktstraffung und -optimierung“, das dem Tagesspiegel vorliegt. Das heißt, die Mitarbeiter vor Ort sollen mehr Entscheidungsfreiheit bekommen. Gleichzeitig würde die Bundesagentur durch geringeren Verwaltungsaufwand und die Abschaffung einzelner Förderinstrumente Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe einsparen (siehe Grafik).

Die bisherige Anzahl von 80 Fördermaßnahmen führt dazu, „dass der Vermittler nicht die gesamte Palette in der eigentlich notwendigen Tiefe beherrscht“, heißt es in dem Papier der BA. Wenn dann ein „exotisches“ Instrument zum Einsatz komme, steige der Verwaltungsaufwand. Ein Beispiel für solch eine „exotische“ Maßnahme ist die „Job-Rotation“: Ein Arbeitgeber, der einen Mitarbeiter zur beruflichen Weiterbildung schickt, kann für diesen Zeitraum mit finanzieller Unterstützung der Arbeitsagentur einen Arbeitslosen einstellen. Bundesweit wurden 2004 nur 1740 Jobsuchende über die „Job-Rotation“ gefördert. Dem gegenüber stehen Gesamtkosten von 19,2 Millionen Euro und ein durchschnittlicher Verwaltungsaufwand von bis zu 240 Minuten pro Förderfall. Daher empfiehlt die Bundesagentur, die „Job-Rotation“ abzuschaffen.

Ebenso will die BA Arbeitsentgeltzuschüsse für Beschäftigte, deren Stelle abgebaut werden soll, streichen. Bislang kann die Arbeitsagentur zeitweise bis zu 100 Prozent der Gehaltskosten (samt Sozialversicherungsbeiträgen) übernehmen, wenn das Unternehmen die gefährdeten Mitarbeiter weiter beschäftigt. Der Bundesrechnungshof hat bei dieser Förderleistung auf eine erhöhte Missbrauchsgefahr und Mitnahmeeffekte hingewiesen.

Effizienter will die BA ihre Zuschüsse für Existenzgründer gestalten, indem Überbrückungsgeld und Ich-AG zu einer Leistung zusammengefasst werden. Bisher wird das Überbrückungsgeld für die Dauer von sechs Monaten in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt, das der Betroffene bekommen hätte. Der Kostenpunkt pro Geförderten beträgt durchschnittlich 1722 Euro im Monat (Stand Februar 2005). Derzeit beziehen über 74000 Menschen das Überbrückungsgeld. Die Ich- AG hingegen wird maximal drei Jahre lang gefördert. Im ersten Jahr mit monatlich 600 Euro, später sinkt der Zuschuss. Eine Ich AG kostet die BA pro Monat im Schnitt 504 Euro, momentan gibt es fast 237000 Ich-AGler.

Aus Ich-AG und Überbrückungsgeld will die BA nun ein Förderinstrument machen, das maximal für ein Jahr in Anspruch genommen werden kann. Dauer und Höhe des neuen Existenzgründungszuschusses sollen künftig auch im Ermessensspielraum der Arbeitsvermittler liegen. Zudem soll diese Förderung keine Pflichtleistung mehr sein, die der Arbeitslose automatisch beanspruchen kann, wenn er einen Geschäftsplan vorlegt.

Neben den Ich-AGs will die Bundesagentur noch an eine weitere Errungenschaft der Hartz-Reformen heran: die Personal-Service-Agenturen (PSA). Während Union und FDP sich im Wahlkampf für eine Abschaffung ausgesprochen hatten, möchte Nürnberg an den PSAs festhalten – jedoch in modifizierter Form. Nach derzeitigem Recht muss jede der 179 Arbeitsagenturen mindestens eine PSA einrichten, über die Arbeitslose an Unternehmen verliehen werden. Ziel ist, dass Arbeitslose im Betrieb getestet werden und möglichst im Anschluss über den „Klebeeffekt“ eine feste Anstellung bekommen. Allerdings sind seit Anfang 2003, als die PSAs eingeführt wurden, auf diesem Weg gerade einmal rund 34000 Arbeitslose in einen sozialversicherungspflichtigen Job vermittelt worden. Die BA schlägt nun vor, die Entscheidung über die Einrichtung einer PSA den Arbeitsagenturen vor Ort zu überlassen.

Bei den Eingliederungszuschüssen will die BA aus bislang vier Fördervarianten eine machen. Diese Zuschüsse erhalten Betriebe, wenn sie schwer vermittelbare Arbeitslose einstellen. Auch werden neugegründete Firmen bezuschusst, die Stellen schaffen. Bei fast 200000 Menschen, die in 2004 über diese Förderinstrumente in Arbeit gebracht worden sind, würde eine Zusammenlegung den Verwaltungsaufwand immens verringern.

Ob BA-Chef Frank-Jürgen Weise sein Ziel erreicht, die Behörde transparenter und effizienter zu gestalten, wird von der neuen Bundesregierung abhängen: Denn der Gesetzgeber entscheidet, ob die Vorschläge der BA umgesetzt werden.

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