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Wirtschaft: Bundesbankchef Tietmeyer sorgt sich um die Stabilität des Euro

FRANKFURT (MAIN) (fk/mak/HB).Die europäische Geldpolitik ist nach den Vorstellungen von Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer an einer ständigen Abschwächung des Euro-Wechselkurses gegenüber dem Dollar nicht interessiert.

FRANKFURT (MAIN) (fk/mak/HB).Die europäische Geldpolitik ist nach den Vorstellungen von Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer an einer ständigen Abschwächung des Euro-Wechselkurses gegenüber dem Dollar nicht interessiert.Mit Blick auf die Bundesregierung sagte Tietmeyer in einem Gespräch mit dem Handelsblatt, daß ein schwacher Euro zwar die Konjunktur stimulieren könne.Eine neue Währung aber brauche Vertrauen, nicht nur im Innen-, sondern auch im Außenverhältnis."Uns kann weder an einem übermäßig schwachen, noch an einem übermäßig starken Euro gelegen sein", sagte Tietmeyer."Man kann zwar den Wechselkurs nicht steuern, ich halte aber weder eine Politik der wohlwollenden noch der böswilligen Vernachlässigung des Wechselkurses für richtig."

Tietmeyer warnte vor den negativen Marktwirkungen fortwährender Forderungen an die Geldpolitik."Je stärker diese Diskussion in der Öffentlichkeit geführt wird, desto mehr wird auch der Spielraum für geldpolitische Beschlüsse eingeengt." Wenn Handlungsbedarf besteht, "werden wir das ganze Arsenal der Möglichkeiten durchdeklinieren und die richtige Entscheidung treffen".

Die Entwicklung des Euro-Wechselkurses spreche gegenwärtig unter anderem auch gegen eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB).Gäbe es die von verschiedenen Seiten favorisierten WechselkursZielzonen, hätten diese möglicherweise sogar eine Erhöhung des Leitzinses erfordert, erklärte Tietmeyer dem Handelsblatt.In ein "Dilemma" könnte die EZB nach Tietmeyers Einschätzung geraten, wenn sich die in den Vereinigten Staaten wieder aufgeflammten Zinserhöhungserwartungen bestätigen sollten und gleichzeitig eine sich weiter abschwächende Konjunktur in Euroland den politischen Ruf nach Zinssenkungen verstärken würde.

Zinssenkungen würden in der jetzigen Situation in Euroland nach Ansicht von Tietmeyer wenig bewirken.Worauf es entscheidend ankomme, sei die dauerhafte Stärkung der Binnennachfrage.Die monetäre Entwicklung stelle dafür jedoch kein Hemmnis dar.Der springende Punkt sei das Zukunftsvertrauen der Investoren.Wenn es zu stärkerer Investitionsnachfrage komme, multipliziere sich auch die Einkommens- und Beschäftigungsentwicklung.Eine Absage erteilte Tietmeyer Überlegungen, mit Zinssenkungen das Sparen gezielt unattraktiver zu machen, um den privaten Konsum anzuspornen.

Abgesehen von der Vielfältigkeit der Sparmotive seien davon allenfalls kurzfristige Nachfrageimpulse zu erwarten, die kein dauerhaftes Wachstum erzeugten."Zudem kann es nicht Aufgabe der monetären Politik sein, die Sparquote herunterzuführen." Die aktuellen Lohnabschlüsse wollte der Bundesbankpräsident nicht kommentieren.Er erinnerte aber daran, daß bei voller Ausschöpfung des Produktivitätsspielraums keine neuen Arbeitsplätze geschaffen würden.

"Obwohl die wirtschaftliche Lage von Land zu Land unterschiedlich ist, zeigen sich die Mitglieder des Europäischen Zentralbankrates zunehmend bereit, eine Euroland-Perspektive einzunehmen", lobte Tietmeyer in einer ersten Zwischenbilanz nach dem Start der Währungsunion die neue Zentralbank."Möglicherweise hat mancher politische Druck von außen diesen Prozeß noch gefördert", sagte Tietmeyer, der als Bundesbankchef auch eine Schlüsselposition bei der EZB besetzt."Zwischen der Bundesbank und der EZB gibt es ohnehin praktisch keine Meinungsverschiedenheiten", unterstrich er.

Tietmeyer verwahrte sich gegen die immer wieder vorgetragene Behauptung, die amerikanische Geldpolitik könnte mit ihrem konjunkturpolitischen Engagement Europa als Vorbild dienen.Es sei problematisch, die US-Geldpolitik aus dem wirtschaftlichen Umfeld der USA "herauszudestillieren" und auf Europa zu übertragen." In den USA herrschten ganz andere Flexibilitäten.Die Unterschiede reichten von einer viel höheren Mobilität auf dem Arbeitsmarkt über eine größere Offenheit gegenüber technologischen Neuerungen bis hin zu einer konsequenteren Budgetpolitik.

Der Erfolg seines beim Bonner G7-Gipfel vorgelegten Konzeptes für eine verbesserte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Überwachung und Aufsicht der internationalen Finanzmärkte hängt für Tietmeyer unter anderem entscheidend davon ab, welche Rolle der Internationale Währungsfonds (IWF) auf Dauer spielen wird."Ich gehöre nicht zu denen, die - wie manche in den USA - den IWF abschaffen wollen, ich halte ihn für dringend notwendig." Der Währungsfonds müsse aber bei Finanzkrisen wieder mehr als Katalysator wirken und sich von seiner Rolle des großzügigen Kreditgebers in höchster Not verabschieden.Wenn der IWF immer wieder einspringe, unterlaufe er die Disziplin des Marktes."Und jeder, der den Markt gefährdet, ist ein Problem."

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