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Wenn eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird, dann hat der Mieter der Wohnung ein Vorkaufsrecht – eigentlich.

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Bundesgerichtshof: Eigentümer darf Mieter beim Vorverkauf umgehen

Nach dem Gesetz können Mieter die Wohnung selbst kaufen, wenn sie bereits als Eigentumswohnung deklariert ist und verkauft wird. Aber dieses Recht umgehen clevere Geschäftsleute.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte der Eigentümer beim Verkauf eines Mietshauses gestärkt. Die Mieter haben in solchen Fällen keine Chance, selbst als Käufer der Wohnung aufzutreten. Nur bei Wohnungsverkäufen gilt das Vorkaufsrecht des Mieters. Das neue Karlsruher Urteil hat hohe praktische Bedeutung. Denn nach dem Gesetz können Mieter die Wohnung selbst kaufen, wenn sie bereits als Eigentumswohnung deklariert ist und verkauft wird. Aber dieses Vorkaufsrecht der Mieter wird von cleveren Geschäftsleuten umgangen. Die Käufer erwerben zunächst das ganze Haus und wandeln es erst danach in Eigentumswohnungen um. Der Deutsche Mieterbund nannte das Urteil juristisch nachvollziehbar, aber sehr unbefriedigend. „Deshalb ist hier jetzt der Gesetzgeber gefragt“, sagte Lukas Siebenkotten vom Mieterbund.

Der Fall betraf ein Vierfamilienhaus in Essen, das 2009 verkauft wurde. Seit 1974 lebte dort eine Familie, später alleine die verwitwete Frau zur Miete. Dann verkaufte die Gesellschaft das Haus für 120 000 Euro an eine Eigentümergemeinschaft von drei Personen. Noch am Tag des notariellen Kaufvertrags teilte die neue Eigentümergemeinschaft das Haus in vier Eigentumswohnungen auf. Danach wurden jedem Eigentumswohnungen zugeteilt – der Mieterin wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt.

Das war von vorn herein geplant, im Prinzip handelte es sich nur formal um einen Hauskauf, faktisch ging es um den Erwerb von Eigentumswohnungen. Die Alteigentümerin hatte vor dem Verkauf auch schon die erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung eingeholt; die ist Voraussetzung, um ein Haus in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Diese Konstruktion kommt in Ballungsgebieten öfter vor und hat schon einen Namen, man nennt sie „Erwerbermodell“ oder auch „Münchener Modell“. Die langjährige Mieterin berief sich aber dennoch auf ihr Vorkaufsrecht und wollte ihre Wohnung für 30 000 Euro von den Alteigentümern kaufen. Sie scheiterte aber in allen Instanzen und jetzt auch vor dem BGH (Aktenzeichen: V ZR 96/12).

Die Karlsruher Bundesrichter begründeten ihr Urteil damit, dass bei einem Hausverkauf wie diesem noch keine abgeschlossene eigene Wohnung existiert. Die Mieterin könne also „ihre“ Wohnung noch nicht kaufen, sondern allenfalls einen Anteil am gesamten Haus. Das würde ihr aber nicht helfen, weil sie die anderen Eigentümer nicht zwingen könne, ihr ihre Wohnung zu übertragen. „Man würde die Mieter in ein unberechenbares Risiko treiben“, meinte die Vorsitzende Richterin Christine Stresemann. Die Bundesrichter äußerten selbst „Unbehagen“, denn dass es sich bei dem Kaufgeschäft um eine planvolle Konstruktion der neuen Erwerber handelte, war ihnen bewusst. Aber rechtlich sahen die BGH-Richter keine Möglichkeit für einen Mieterschutz. „Wir können die Lücke nicht schließen“, sagte Stresemann. „Wenn, dann könnte nur der Gesetzgeber hier eingreifen.“

Nur in offensichtlichen Missbrauchsfällen könne doch noch das Vorkaufsrecht der Mieter aufleben. Solch ein Missbrauch liege vor, wenn der Alteigentümer und die neue Eigentümergemeinschaft in bewusster Verabredung auf eine Umwandlung in Eigentumswohnungen verzichteten, um die Mieterrechte auszuschalten. Die Einholung der Abgeschlossenheitsbestätigung durch die Alteigentümer genüge für Missbrauch aber nicht, so der BGH. In der Praxis werden Mieter einen Missbrauch also nur schwer beweisen können, so auch die Ansicht des Mieterbundes.

Nur vor Eigenbedarfskündigungen sind die Mieter bei solchen „Erwerbermodellen“ inzwischen etwas besser geschützt als früher. Dafür hat eine Gesetzesänderung gesorgt. Seit 1. Mai gilt, dass die neuen Eigentümer frühestens nach drei Jahren wegen Eigenbedarfs kündigen können, in Regionen mit Mietwohnungsmangel kann die Sperrfrist bis maximal zehn Jahre betragen. Vorher galt bei Hausverkäufen nach dem Erwerbermodell keinerlei Schutzfrist vor Eigenbedarfskündigungen.

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