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Wirtschaft: Bundesregierung verteidigt Konsolidierung

Anders als zahlreiche Wirtschaftsverbände und die Opposition hat es die Bundesregierung abgelehnt, zur Konjunkturbelebung die Steuern zu senken. Dies hatten die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten vorgeschlagen.

Anders als zahlreiche Wirtschaftsverbände und die Opposition hat es die Bundesregierung abgelehnt, zur Konjunkturbelebung die Steuern zu senken. Dies hatten die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten vorgeschlagen.

In der am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie senkten die Forscher Wachstumsprognosen für 2001 und 2002 deutlich ab. Nachdem sie im Frühjahr für 2001 noch von 2,1 Prozent ausgegangen waren, erwarten sie nun gerade noch 0,7 Prozent. Zwar sagen die Experten eine Erholung für kommendes Jahr voraus. Die Besserung wird sich aber wegen der schwachen Ausgangslage in diesem Jahr und der weltweiten Konjunkturschwäche in engen Grenzen halten. Die Institute prognostizieren 1,3 Prozent (Frühjahrsschätzung: 2,2 Prozent). Besonders dramatisch ist die Situation in Ostdeutschland, wo es dieses Jahr laut Prognose überhaupt kein Wachstum geben wird.

Allein in diesem Jahr bringe die Steuerreform eine Entlastung von 45 Milliarden Mark, erklärte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Die Institute hätten übersehen, dass die Finanzpolitik 2002 bereits weitere Entlastungen von 19 Milliarden Mark vorsehe. Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sagte, dass Deutschland nicht vor der Rezession stehe. Daher gebe es keinen Anlass, die Neuverschuldung zu erhöhen.

CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz kritisierte die rot-grüne Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik: "Die Bundesregierung steht vor einem Scherbenhaufen." Für die FDP forderte Rainer Brüderle ebenfalls einen "radikalen Kurswechsel". Industrie, Handwerk, Groß- und Außenhandel und Banken plädierten wie die Institute für ein Vorziehen der nächsten Steuerreformstufe. Die Defizitkriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes würden dadurch nicht verletzt, meinte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski. Den ohnehin geplanten Reformschritt früher zu gehen, sei sinnvoller als zusätzliche staatliche Ausgabenprogramme. Handwerks-Präsident Dieter Philipp verlangte zudem auch für ein Vorziehen der Steuerreformstufe 2005.

Dagegen lehnte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein "kreditfinanziertes Vorziehen" der Steuerreform ab. Dies würde die Zweifel am Konsolidierungskurs verfestigen. Statt zu Wachstumsimpulsen käme es zu einer dauerhaft höheren Steuerbelastung und einer noch höheren Verschuldung. Einvernehmlich forderten die Verbände mehr Ausgabendisziplin der Sozialversicherungen und mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte statt eines Vorziehens der Steuerreform ein öffentliches Investitionsprogramm. Die Mängel der Infrastruktur Ostdeutschlands und der Modernisierungsbedarf kommunaler Einrichtungen, etwa der Schulen, erfordere zusätzliche Investitionsmittel, sagte die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer. Dies schaffe auch die Voraussetzung für Wachstum in der Zukunft.

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