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Wirtschaft: Bundesregierung weist EU-Kritik zurück Eichel hält an Wachstumsprognose fest

Berlin (asi/brö/fw). Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hält trotz der Zweifel der EUKommission an den Regierungsprognosen für das deutsche Wirtschaftswachstum und das Haushaltsdefizit an seinen Prognosen fest.

Berlin (asi/brö/fw). Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hält trotz der Zweifel der EUKommission an den Regierungsprognosen für das deutsche Wirtschaftswachstum und das Haushaltsdefizit an seinen Prognosen fest. „Zum heutigen Datum liegen keine erhärteten Daten vor, die eine Wachstumsrevision rechtfertigen würden“, sagte Eichels Sprecher Jörg Müller. Die EU-Kommission befürchtet, dass das Wachstum weniger als die offiziell erwarteten 1,5 Prozent betragen wird und damit auch das Ziel in Gefahr gerät, ein Haushaltsdefizit von 2,75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Sollte Deutschland das Schuldenziel der EU erneut verfehlen, drohen hohe Strafen.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement wies die EU-Kritik zurück. Deutschland arbeite bereits an Reformen. Die CDU wertete die Zweifel als „schallende Ohrfeige“ für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Das Krankenkassen-Defizit sei mit verantwortlich für die hohe Staatsverschuldung.

Rasche Strukturreformen forderte FDP- Chef Guido Westerwelle. Die Regierung müsse die Reformen in der ihr gesetzten Frist in die Tat umsetzen. „Für den blauen Brief aus Brüssel und die schlechten Wachstumsprognosen sind in erster Linie nicht Konjunkturprobleme, sondern die von der Bundesregierung vernachlässigten Strukturprobleme in Deutschland verantwortlich.“ FDP und Union forderten realistische Wachstumsannahmen für den Haushalt. „Es ist bedauerlich, dass sich die Regierung jetzt die Daumenschrauben von Brüssel aus anlegen lässt“, sagte der CDU/CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach.

Ob die Bundesregierung ihre Projektion bis zum Treffen der EU-Finanzminister am 21. Januar korrigieren wird, ließ Eichels Sprecher offen. Kommenden Montag sei ein Treffen von Vertretern des Finanz- und Wirtschaftsministeriums zu diesem Thema geplant. Müller wollte sich nicht dazu äußern, ob eine Reduzierung der Wachstumsprognose auch automatisch bedeuten würde, dass Deutschland in diesem Jahr – wie schon 2002 – das Maastricht-Defizitkriterium verfehlen wird. Er wies jedoch auf Schätzungen der OECD hin, nach denen eine Reduzierung des Wachstums um ein halbes Prozent eine Erhöhung des Defizits um einen Viertel Prozentpunkt zur Folge hat. Da das Finanzministerium bei einem Wachstum von 1,5 Prozent derzeit von einem Defizit von 2,75 Prozent des BIP ausgeht, würde das ein erneutes Brechen des Stabilitätspaktes bedeuten.

Mit Blick auf die kommende Woche beginnenden Beratungen im Bundestag zum Steuervergünstigungs-Abbaugesetz mahnte Müller, bei der Einhaltung der Brüsseler Defizitgrenzen trügen die Bundesländer „Mitverantwortung“. Erneut kündigte er „schmerzhafte Maßnahmen“ an, mit denen das Wachstum stimuliert werden solle.

Schwierigkeiten, das EU-Defizit-Ziel zu erfüllen, haben neben Deutschland noch Frankreich, Italien und Griechenland. Die EU-Kommission rechnet damit, dass Frankreich 2003 ein Etatdefizit von 2,9 Prozent des BIP erreichen wird. Selbst 2006 werde der Haushalt noch nicht ausgeglichen sein, monierte EU-Kommissar Pedro Solbes. In Italien geht nach Ansicht Brüssels der Abbau der Schulden zu langsam voran. Zudem liegen die Defizitprognosen der Kommission und der italienischen Regierung weit auseinander: Die EU vermutet für dieses und das kommende Jahr Schuldenquoten von 2,2 und 2,9 Prozent, Rom dagegen hofft auf 1,5 und 0,6 Prozent. Die Griechen hätten in den Jahren 2000 und 2001statt geschätzter Überschüsse jeweils Defizite erwirtschaftet.

Das Defizitverfahren könnte zu einer Geldstrafe von 0,2 bis 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes führen – das wären für Deutschland vier bis zehn Milliarden Euro.

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