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Carlos Slim

© AFP

Carlos Slim: Der Midas von Mexiko

Was er anfasst, wird zu Gold: Carlos Slim hat Bill Gates gerade als reichsten Mann der Welt abgelöst. Der Selfmade-Man hat in Mexiko ein beispielloses Firmenimperium aufgebaut.

Berlin - Carlos wer? Seit wenigen Tagen führt er die Liste der reichsten Menschen der Welt an, doch außerhalb seines Heimatlandes Mexiko kennt ihn kaum jemand. Carlos Slim Helú, ein 67-jähriger Witwer mit Übergewicht, wahlweise Schnauzer oder Vollbart und einer Vorliebe für preisgünstige Anzüge, hat Microsoft-Gründer Bill Gates hinter sich gelassen. Auf die unvorstellbare Summe von 68 Milliarden Dollar bezifferte das mexikanische Finanzmagazin „Sentido Común“ sein Vermögen, jenes von Gates auf 59,2 Milliarden. In der April-Ausgabe der Wirtschaftszeitschrift „Forbes“ hatte Gates noch knapp vor dem Mexikaner gelegen. Doch seitdem haben die Aktien von Slims Unternehmen gewaltig zugelegt.

Dass Slim irgendjemand die Position in nächster Zeit streitig machen wird, ist unwahrscheinlich. Er scheint ein Händchen wie der antike Sagenkönig Midas zu haben. Der konnte anfassen, was er wollte, es wurde zu Gold. Slim will schon mit 17 Jahren seine erste Peso-Million an der Börse verdient haben. Seinem Vater Julián Haddad gebühre der Dank, sagt Slim. Der katholische Händler, der vor dem Ersten Weltkrieg aus dem Libanon eingewandert war, habe ihn und seine fünf Geschwister zum langfristigen Investieren erzogen. Slim hat sich daran gehalten und ein beispielloses Firmenimperium aufgebaut.

Seine Unternehmen tragen heute sieben Prozent zur Wirtschaftsleistung Mexikos bei, immerhin die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Und wohl kaum einer der 105 Millionen Mexikaner käme, selbst wenn er es wollte, darum herum, den Cohiba-Raucher jeden Tag um ein paar Pesos reicher zu machen. Über seine Investmentgruppe Carso besitzt Slim Bäckereien, Buchläden, Cafés, CD-Shops, Fahrradfabriken, Anteile an Fernsehsendern und Billigfliegern, Halbleiterwerke, unzählige Immobilien, Internet-Provider, Minengesellschaften, Papiermühlen, Restaurants, Versicherungen und Zigarettenfabriken. Und ihm gehören die mexikanische Telekom Telmex sowie der größte Mobilfunkkonzern Lateinamerikas, América Móvil. Beide sind so etwas wie Gelddruckmaschinen. Während América Móvil von 125 Millionen Lateinamerikanern genutzt wird, kontrolliert Telmex neun von zehn mexikanischen Telefonleitungen und ist Monopolist.

Der Erwerb von Telmex, das 1990 privatisiert wurde, gilt als Slims wichtigster – und undurchsichtigster – Coup. Damals zahlte Slim 1,8 Milliarden Dollar an den Staat, heute ist das Unternehmen das Zwanzigfache wert. Es gilt als sicher, dass Slim den Zuschlag bekam, weil er exzellente Kontakte zum korrupten Präsidenten Carlos Salinas besaß. Bis heute hat sich der mexikanische Staat jedoch gescheut, das Telmex-Monopol aufzubrechen, obwohl die Mexikaner die höchsten Telefontarife der Welt zahlen. Slims Kritiker halten das in einem Land, in dem der Mindestlohn 50 Cent beträgt und die Hälfte der Bevölkerung als arm gilt, für unethisch.

Slim, in dessen Firmen 250 000 Menschen arbeiten, antwortet mit der Telmex-Stiftung. Es ist die größte Wohltätigkeitsorganisation Mexikos: Über sie verteilt Slim einen Teil seines Vermögens. Er hat fast 100 000 Fahrräder, 70 000 Brillen und 5,8 Millionen Kilo Lebensmittel verschenkt. Er hat 155 000 Universitäts-Stipendien vergeben, 200 000 Operationen bezahlt und 32 000 Computer an Schulen verteilen lassen, deren Internet-Zugang selbstverständlich über seinen Provider läuft. Das ungewöhnlichste Projekt aber ist die Übernahme von Kautionszahlungen für Menschen, die wegen geringfügiger Delikte ins Gefängnis sollen.

Was persönlichen Luxus angeht, gilt Slim – bis auf eine Vorliebe für teure Zigarren – als bescheiden. Er arbeitet in einem Keller ohne Fenster, hat nur ein Auto und sagt, dass er keine Computer bedienen könne. Ihm genüge sein Kopf. 1999 starb Slims Frau Soumaya, im gleichen Jahr musste er sich einer schweren Herzoperation unterziehen. Auch deshalb hat Slim seinen drei erwachsenen Söhnen die Leitung verschiedener Unternehmen übertragen. Doch seine Devise gilt auch für sie: „Reichtum ist kein Privileg, sondern eine Verantwortung. Die, noch mehr Reichtum zu schaffen.“

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