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Wirtschaft: CDU will Bündnisse für längere Arbeit

Vor dem Treffen des Kanzlers mit den Gewerkschaften Rückkehr zur 40-Stunden-Woche gefordert

Berlin (alf). In die Diskussion um längere Arbeitszeiten kommt neuer Schwung. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSUFraktion, Karl-Josef Laumann, fordert die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche. „Es ist noch nie ein Volk mit weniger Arbeit aus der Krise gekommen“, sagte Laumann dem Tagesspiegel. Der CDU-Politiker äußerte sich im Hinblick auf die geplanten Reformen des Arbeitsmarktes. Am kommenden Montag befasst sich der zuständige Bundestagsausschuss unter anderem mit dem Tarifvertragsgesetz und der Möglichkeit betrieblicher Bündnisse für Arbeit. Ebenfalls am Montag trifft sich Bundeskanzler Gerhard Schröder mit den Gewerkschaften.

Sowohl die Union als auch die FDP wollen das Tarifvertragsgesetz ändern und das Betriebsverfassungsgesetz erweitern. Im Kern geht es dabei um die Änderung des so genannten Günstigkeitsprinzips. Nach dem Willen der Opposition sollen die Betriebe künftig vom Tarifvertrag abweichen dürfen, wenn der Betriebsrat und die Belegschaft mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Heutzutage sind solche Abweichungen nur möglich, wenn die Tarifparteien, also Gewerkschaften und Arbeitgeberverband, ihren Segen dazu geben. Das wäre also nach dem Willen von Union und FDP künftig nicht mehr nötig, Betriebsräte und Geschäftsführung könnten sich allein auf die so genannten Bündnisse für Arbeit verständigen.

Die Gewerkschaften schlagen Alarm. Der DGB befürchtet, „unter dem Vorwand so genannter betrieblicher Bündnisse für Arbeit“ würden „enormer ökonomischer Druck aufgebaut und das Lohnniveau gesenkt“. Der neue IG-Metall-Chef Jürgen Peters: „Wir geraten ins Fadenkreuz derer, die eine andere Gesellschaft wollen.“ Er spricht von „Angriffen“ auf die Tarifautonomie, die nur ein Ziel verfolgten: „Die Arbeitnehmer wären dem Erpressungsdruck der Arbeitgeber ausgeliefert.“ In Wirklichkeit gehe es gar nicht um einen „Tausch von Entgeltminderung gegen Arbeitsplatzsicherheit“, wie er bereits heute bei vielen betrieblichen Bündnissen praktiziert wird. Das Ziel der Gesetzesänderung sei vielmehr, betriebliche Arbeitszeitverlängerungen ohne Entgelterhöhungen durchzusetzen. Das bestätigt CDU-Laumann, der als gelernter Maschinenschlosser seit Jahrzehnten der IG Metall angehört: „Betriebliche Bündnisse werden vor allem zu längeren Arbeitszeiten führen, es geht Richtung 40 Stunden für das gleiche Geld.“ Davon verspricht sich Laumann mehr Investitionen und Arbeitsplätze.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Rainer Brüderle, will die Möglichkeit schaffen, „das Günstigkeitsprinzip zur Erhaltung von Arbeitsplätzen einzusetzen“. Dass den Beschäftigten mit Drohungen der Geschäftsleitung Zugeständnisse abgepresst werden könnten, glaubt Brüderle nicht. Schließlich müssten nach dem FDP-Entwurf drei Viertel der Belegschaft in geheimer Abstimmung dem Lohnverzicht oder der längeren Arbeitszeit zustimmen; das sei ein ausreichender Schutz vor Erpressung. Die Kritik der Gewerkschaften kann der FDP-Mann nicht nachvollziehen. „Weshalb haben die Gewerkschaften Angst, dass die Betroffenen selbst entscheiden?“ Im Übrigen sei der DGB ein „schlechter Interessenverband“, das belegten die jährlich 500000 Austritte.

Ob die Gesetzespläne von CDU/CSU und FDP Chancen haben, hängt ab von möglichen Tauschgeschäften in diesem Herbst, wenn zahlreiche Gesetze durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden müssen. „Bei Schröder ist alles möglich“, sagt der CDU-Abgeordnete Laumann. Der Bundeskanzler selbst hatte in seiner Agenda- 2010-Rede am 14. März von den Tarifparteien mehr Möglichkeiten für betriebliche Bündnisse gefordert, ansonsten werde „der Gesetzgeber zu handeln haben“. Laumann sieht das auch so. „Eine tarifvertragliche Lösung ist besser als eine gesetzliche.“ Und obwohl der Metaller Laumann seinen neuen Vorsitzenden Jürgen Peters für eine „Katastrophe“ hält, glaubt er an die Beweglichkeit der Gewerkschaften: „Wenn die Tarifvertragsparteien sehen, dass die Politik Ernst macht, dann gibt es eine tarifliche Lösung.“

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