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Diener und Meister: Roboter Armar hat den Saft schon in der Hand, den er Tamim Asfour bringen soll.

© Forschungszentrum Karlsruhe KIT

Cebit Lab: Hightech und Fußball

In Halle 26 zeigen Wissenschaftler, Forschungsinstitute und junge Unternehmen ihre Zukunftsprojekte, die schon bald Realität werden könnten.

Es sieht fast so aus, als sei Armar nervös. Immerhin schauen ein paar dutzend Messebesucher zu. Ganz vorsichtig greift seine Hand langsam in den Kühlschrank, die Finger strecken sich nach dem Tetrapack mit Multivitaminsaft, bekommen die Packung aber nicht zu fassen. Sie fällt um. Armar ist aber nicht nervös. Nur überfordert. Er ist ein Roboter. „In dieser Geräuschkulisse funktioniert die Spracherkennung nicht“, erklärt Tamim Asfour, Armars Schöpfer. „Roboter sind noch nicht robust genug für so eine Umgebung.“ 

Asfour ist Gruppenleiter Humanoide Robotik am Karlsruher Institut für Technologie KIT und einer von vielen Forschern, die auf der Computermesse Cebit in Hannover noch bis Sonnabend zeigen, was übermorgen Realität werden könnte. Cebit Lab nennt die Messe die Halle 26 in der Wissenschaftler und Forschungsinstitute ihre Zukunftsprojekte präsentieren.

Normalerweise hört Armar aufs Wort. Er antwortet sogar. Asfour spricht englisch mit Armar. Jetzt sagt er ihm erneut, dass er bitte den Saft aus dem Kühlschrank holen soll. Nach einigen Versuchen klappt es endlich. „Armar ist für den Haushalt gedacht“, sagt Asfour. „Er soll Menschen Zuhause unterstützen, den Tisch decken, den Geschirrspüler einräumen, Saft holen.“

Ausdrücklich denkt der Forscher dabei nicht nur an ältere Menschen. „Wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie auf dem Weg nach Hause eine SMS schicken und Armar schiebt dann für Sie schon einmal eine Pizza in den Ofen?“

1,75 Meter groß ist der Roboter und wiegt 80 Kilo. Den Großteil des Gewichts machen zwei LKW-Batterien aus, die ihn für zwei bis drei Stunden mobil halten. Armar bewegt sich auf Rädern, sein Nachfolger hat Beine. „Wenn der Roboter menschenähnlich ist, dann ist die Interaktion leichter“, erklärt Asfour. In sieben bis zehn Jahren könnte es Armar zu einem erschwinglichen Preis auf dem Markt geben, schätzt der Forscher. Und meint mit erschwinglich „zum Preis eines Kleinwagens“.

Am Stand nebenan steht Hollie, auch ein Roboter aus Karlsruhe, diesmal vom Forschungszentrum Informatik FZI. Während das KIT Grundlagenforschung betreibe, gehe es dem FZI darum, die Forschung zu den Unternehmen zu bringen, erläutert Georg Heppner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZI. „Wir nutzen industrielle Komponenten und konzentrieren uns auf die Software.“ Hollie ist etwas kompakter gebaut als Armar, aber auch Hollie ist gedacht, Menschen zu unterstützen und zu bedienen. Hollie kann sogar tanzen und hat sehr schöne, überlebensgroße silberne Hände. „Bitte lieber nicht anfassen, die Hände sind sehr empfindlich“, warnt Heppner.

Wie Funkchips Fußballtrainern bei der Analyse helfen können.

Fußballroboter, die nicht rempeln. Informatikstudenten vom Nao-Team der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig zeigen auf der Cebit ein System zur visuellen Hinderniserkennung.
Fußballroboter, die nicht rempeln. Informatikstudenten vom Nao-Team der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig zeigen auf der Cebit ein System zur visuellen Hinderniserkennung.

© HTWK Leipzig

Weniger zimperlich geht beim Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen IIS zu. Mit einem ordentlichen Wumms knallt ein Ball an die Torwand, die die Nürnberger Forscher aufgebaut haben. „Unserer Technik macht das nichts“, sagt Abteilungsleiter Ingmar Bretz beruhigend, „selbst dann  nicht, wenn der Ball mit 150 Stundenkilometern an die Latte knallt, aber das schaffen die wenigsten.“ Man sieht es dem Ball nicht an, aber er hat es in sich. In ihm ist ein Funkchip aufgehängt, etwa so groß wie eine Zwei-Euro-Münze. So lässt sich die Position des Balles sehr schnell und sehr genau bestimmen. Wenn dann auch noch die Spieler Funkchips tragen, kann der Trainer wunderbar analysieren, wie effizient ein Spieler auf dem Feld unterwegs ist. Bretz sieht einen großen Markt für das RedFir genannte Ortungssystem. Unternehmen interessierten sich dafür. „Und wir besuchen Vereine und schauen, welche Anforderungen sie haben.“ Nicht alle seien begeistert, räumt Bretz ein. „In dem Umfeld sind viele Emotionen im Spiel.“ Aber der Forscher ist überzeugt, dass das System in wenigen Jahren marktreif ist.

Nebenan spielen Roboter Fußball. Chuck 201 und Sarah 64 sind allerdings viel kleiner als Armar oder Hollie. Dafür können sie laufen, oder besser: trippeln. Für sechs Meter brauchen die 54 Zentimeter großen und etwa sechs Kilo schweren Kerlchen 30 Sekunden. Dafür sind sie niedlich. Eine Polizistin lässt sich mit Sarah auf dem Arm fotografieren und strahlt. „Es kommen vor allem Frauen, um sich fotografieren zu lassen“, sagt Klaus Bastian, Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Auch er lächelt, sein Kalkül ist aufgegangen, die Roboter sind ein Publikumsmagnet. So ist das auch an der Uni: Die Kombination Roboter und Fußball weckt das Interesse der Studenten. „Sie studieren tagsüber und nachts programmieren sie“, sagt Bastian. Im Moment arbeiten die Studenten daran, den Robotern das Rempeln abzuprogrammieren. Bei der letzten WM sind nämlich alle Roboter des Leipziger Teams wegen Rempelns ausgefallen. „Nur der Torwart war noch da  - und hat dann sogar ein Tor geschossen“, berichtet Bastian. Insgesamt sei das ein komplexes Projekt, das hochinteressant für die Ausbildung von Informatikern sei, immerhin sollen die Roboter lernen, sich autonom zu bewegen.

Bei Sota spielen Roboter keine Rolle, aber auch hier gibt es ein System, das lernt. Weil aber Computerprogramme so wenig sinnlich sind, hat das Sota-Team auf dem Gemeinschaftsstand von Berlin-Brandenburg eine orangefarbene Massageliege aufgestellt, um gestresste Messebesucher anzulocken. „Unsere Software ist autoadaptiv, also selbstanpassend“, sagt Marketing-Chef Sebastian Körner. „Genau wie die Massageliege.“ Nur etwas komplizierter. Sota entwickelt Optimierungslösungen für biochemische Produktionsprozesse. Zum Beispiel wenn es darum geht, das richtige Mischverhältnis beim Befüllen einer Biogasanlage herauszufinden. Sota ist eine Ausgründung der TU Berlin, sitzt in Adlershof und ist gerade dabei, ein richtiges Unternehmen zu werden. Auch die Cebit soll dabei helfen. „Wir knüpfen hier wichtige Kontakte“, sagt Körner. Und der Zwei-Meter-Mann hofft, dass es dann schnell losgeht mit dem Geldverdienen, damit er bald auch so eine Massageliege für Zuhause anschaffen kann.

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