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Wirtschaft: Comdirect: Auslandsgeschäft drückt Gewinn

Die Commerzbank-Tochter Comdirect wird im laufenden Jahr voraussichtlich in die Verlustzone rutschen. Wegen ihrer Expansion in Europa seien im Konzernergebnis rote Zahlen möglich, sagte Vorstandschef Bernt Weber am Donnerstag in Frankfurt.

Die Commerzbank-Tochter Comdirect wird im laufenden Jahr voraussichtlich in die Verlustzone rutschen. Wegen ihrer Expansion in Europa seien im Konzernergebnis rote Zahlen möglich, sagte Vorstandschef Bernt Weber am Donnerstag in Frankfurt. Im Inland wird weiterhin mit einem Gewinn gerechnet.

Bereits 2000 hat der comdirect-Start in Großbritannien, Frankreich und Italien Spuren in der erstmals vorgelegten Konzernbilanz hinterlassen. Per saldo bezifferte Weber die Anlaufverluste der ausländischen Töchter "im Sinne von Investitionen" auf 30 Millionen Euro. Damit verbuchten die Banker im abgelaufenen Geschäftsjahr 2000 mit 2,7 Millionen Euro einen deutlich niedrigeren Netto-Gewinn als im Vorjahr. 1999 war noch ein Jahresüberschuss von 10,5 Millionen Euro erzielt worden. Der Vorsteuergewinn stieg hingegen um 75,3 Prozent von 14,6 auf 25,6 Millionen Euro. Das Deutschland-Geschäft der AG hat es herausgerissen. Hier stieg der Vorsteuergewinn um 223 Prozent auf mehr als 67 Millionen Euro. Grund zur Freude hat das Unternehmen auch wegen des starken Anstiegs der Kundenzahl. Im Jahr 2000 wickelten konzernweit 577 465 Anleger ihre Geschäfte über Comdirect ab, das sind 300 000 mehr als Ende 1999. Auf Grund vermehrter Order-Aktivitäten wurde bei den Provisionen ein Überschuss von 190,9 Millionen Euro erzielt. Das entspricht einem Zuwachs von 147 Prozent.

In Frankfurt notierten die Comdirect-Aktien am frühen Nachmittag unverändert bei 11,10 Euro. Die beiden andren Direktbanken im Nemax-50-Index, Consors und Direkt Anlage Bank, verzeichneten mit 0,3 beziehungsweise 3,0 Prozent dagegen Kursgewinne. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch bei der Konkurrenz düster aussieht. Seit der dramatische Kursverfall die Consors-Aktie um mehr als 85 Prozent verbilligte, gelten die Nürnberger mit einem Marktwert von 1,3 Milliarden Euro als Schnäppchen. Seit Wochen kursieren Übernahmegerüchte. Consors-Chef Karl Matthäus Schmidt dementiert, wo er kann. Auch DAB-Chef Matthias Kröner muss ständig schlechte Nachrichten korrigieren. Dass die Kunden wegen des angeblich mäßigen Service seiner Direkt Anlage Bank in Scharen davonlaufen, sei "Quatsch", sagt der Vorstandschef. Im Übrigen laufe das aktuelle Geschäftsjahr 2001 so, wie er es in einer früheren Prognose vorhergesagt habe: erfolgreich.

Die anhaltende Schwäche an den Börsen erschüttert die großen Drei im Online-Brokerage stärker, als sie es wahrhaben wollen. Einer Studie der Investmentbank UBS Warburg zufolge ist der Marktanteil von Comdirect, Consors und der Direkt Anlage Bank im zweiten Halbjahr 2000 um mehr als zehnProzentpunkte gefallen. Längst zeigt sich ein neuer Trend: Einstige Häuser der zweiten Reihe wie die Dresdner-Bank-Tochter Advance Bank, die zur Deutschen Bank-Gruppe gehörende Brokerage 24 und die von der italienischen Bipop-Carire übernommene Entrium sind die neuen Stars der Broker-Szene. Sie legen zu, weil sie ihre Kunden auch beraten. Damit bieten sie genau das, was Anleger in Zeiten fallender Kurse brauchen: professionelle Hilfe. Der Online-Broker der Deutschen Bank wird ab 1. April "Maxblue" heißen. Ziel ist es, das Filialgeschäft und das Internet-Banking enger zu verzahnen. Vorstandschef Herbert Walter ist überzeugt: "Die reinen Direktbanken stoßen an ihre Grenzen."

Statt sich mit den veränderten Bedürfnissen ihrer Kunden zu beschäftigen, droht sich Consors dagegen auf Nebenschauplätzen aufzureiben. Der Einstieg ins Investment-Banking, mit viel Tamtam angekündigt, kostet Consors eine Menge Geld. Und die im Mai 2000 bekannt gemachte Initiative für Privatanleger bewegt sich nicht vom Fleck. Mit einem Einstieg bei der Berliner Börse wollte Consors die Hauptstadtbörse zum Treffpunkt für Kleinaktionäre ausbauen. Doch das Projekt hätte nur mit Hilfe der konkurrierenden Online-Broker funktioniert. Die aber sagten ab, nun droht dem ehrgeizigen Projekt das Aus.

Die nächsten Quartale werden für die Marktführer entscheidend. Gelingt keine nachhaltige Wende am Aktienmarkt, könnte Consors eine Übernahme drohen, vermuten Investmentbanker - schon weil die Franken keine finanzkräftige Mutter im Hintergrund haben. Interesse an Consors ist in ganz Europa vorhanden. Sogar die Allianz gehört dazu. Für Comdirect-Chef Weber dagegen ist die Berufung des 37-jährigen André Carls als vierter Vorstand vermutlich ein Warnschuss. Ihm bleibt nicht viel länger Zeit als bis zum Amtsantritt von Klaus-Peter Müller als Commerzbank-Chef im Mai. Spätestens bis dahin muss er die Wende schaffen.

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