zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Comeback der Disco-Roller

Verspielt, spartanisch oder elegant – moderne Skates sollen praktisch sein und zum eigenen Stil passen

Auf Inlineskates findet jeder seinen Stil: Ob ehrgeizig in gebückter Haltung gegen die Zeit, entspannt nach Feierabend oder tänzelnd und mit Pirouetten. Der Trendsport der frühen Neunziger hat sich in wenigen Jahren zur Massenbewegung gemausert. Kaum eine Sportart hat eine derart rasante Entwicklung hinter sich. „Fortbewegungsmittel“ nennt sie der Deutsche Rollsport- und Inline-Verband (DRIV) – und hebt damit Inlineskaten in den Rang von Fahrradfahren oder Spazierengehen.

Im Herkunftsland USA ist Inlineskating unter den sechs- bis17-Jährigen der drittbeliebteste Sport hinter Basketball und „echtem“ Fußball (Soccer), einer beliebten Schulsportart in den Vereinigten Staaten. In Deutschland steigen bis zu 14 Millionen Menschen mindestens einmal pro Monat in die Rollenstiefel. Darin fahren sie nicht nur stur geradeaus, sondern sind auch bei Hochsprung, Weitsprung, Hockey oder Tanzen auf Rollen unterwegs. All diese Sportarten sind inzwischen beim DRIV registriert.

Seitdem Skaten Breitensport ist, ist es mit den massiven Wachstumszahlen vorbei. Im vergangenen Jahr verkaufte der Fachhandel laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) etwa eine Million Paare – genau soviel wie im Jahr zuvor. 1996, auf dem Höhepunkt des Booms, wurden dagegen noch 1,7 Millionen Paare verkauft.

Mit einer Beruhigung des Marktes haben sich auch dessen Anteile geordnet. Konkurrierten 1995 noch mehr als 40 Hersteller von Inline Skates, teilen sich heute drei Firmen mehr als 80 Prozent des Marktes auf: Das US-Unternehmen K2, Rollerblade, das ab Juli zum italienischen Konzern Tecnica gehören wird, und Adidas-Salomon.

Technisch sind Inlineskates heute ausgereift. Bisher waren es wegweisende Erfindungen, die die Rangfolge der größten Hersteller bestimmten. Der Marktführer K2 erreichte seine Vormachtstellung durch die Einführung die so genannten Softboots, die mehr Komfort bei gleicher Stabilität versprechen als Hartschalenschuhe, die zuvor Rollerblade zum Branchenprimus gemacht hatten. Mit graduellen Weiterentwicklungen und auf bestimmte Zielgruppen zugeschnittenen Produkten versuchen die großen Drei, sich gegenseitig Anteile des in Deutschland 93 Millionen Euro schweren Marktes abzunehmen. Die Hersteller feilen an den Aluminium-Laufschienen, an denen die Rollen befestigt sind, optimieren die Kugellager und tüfteln neue Verschlusssysteme aus. Es gibt inzwischen unterschiedliche Schuhe für Frauen und Männer und größenverstellbare für Kinder. Speedskater haben fünf Rollen unter dem Schuh. Freestyler, die Treppen hinabspringen und über Geländer rutschen, tragen dagegen klobige Hartplastikmodelle mit besonders robuster Schiene. Modebwusste finden jetzt auch wieder Disco-Roller im Stil der Achtzigerjahre. Die Preise haben sich bei 130 Euro für Marken-Einsteigermodelle eingependelt. „Wer regelmäßig läuft, muss mindestens 200 Euro einplanen“, sagt Elmar Drexlmaier, Marketingleiter von Rollerblade Deutschland.

Besonders wichtig ist beim Bladen das Zubehör: Jährlich stürzen 50 000 Skater so schlimm, dass sie einen Arzt brauchen, berichten die Versicherer (siehe Interview). Helm und Gelenkschutz sind daher ein absolutes Muss. Ein Inline-Helm sollte, anders als Fahrradhelme, auch bei Stürzen auf den Hinterkopf schützen (ab 30 Euro). Knie-, Ellenbogen- und Handgelenkschützer mit Klettverschlüssen kosten im Set 30 bis 50 Euro. Verschleißteile wie Rollen im Zehnerpack (ab 20 Euro) und Kugellager (ab zwei Euro) können Skater separat nachkaufen.

Der Massenmarkt ruft auch Discounter auf den Plan. 40 Euro kostete ein Paar Inliner bei Real im April. Verbraucherschützer waren jedoch unzufrieden mit der Qualität. Besser schnitt ein größenverstellbares Kindermodell ab, das vor Ostern bei Aldi für 30 Euro zu haben war. Die Billigangebote müssen also genau geprüft werden, raten die Tester. Noch weiß keiner genau, wie viel Inliner die Discounter jährlich verkaufen, aber die Markenhersteller sind bereits auf der Hut: „Die machen uns schon Sorgen“, sagt Pamela Busch, Marketingmanagerin von K2. Wenn die Discounter neben Niedrigpreisen auch gute Qualität anbieten, könnten die Preise für Inlineskates fallen.

Martin Uebele

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false