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Wirtschaft: Da zieren sich die Manager

Hartmut Retzlaff und seine beiden Vorstandskollegen verhalten sich vorbildlich. Die Manager des hessischen Pharmaherstellers Stada beziffern auf den Cent genau, was sie im vergangenen Jahr verdient haben.

Hartmut Retzlaff und seine beiden Vorstandskollegen verhalten sich vorbildlich. Die Manager des hessischen Pharmaherstellers Stada beziffern auf den Cent genau, was sie im vergangenen Jahr verdient haben. 1 161 012,16 Euro waren es bei Retzlaff, 530 260,90 Euro und 517 371,38 Euro bei seinen beiden Kollegen. Nachzulesen schwarz auf weiß im Geschäftsbericht. Bei den großen Unternehmen ist man bei weitem nicht so offenherzig. Einzig Schering-Vorstandschef Hubertus Erlen sagt, was 2001 auf seinem Konto gelandet ist. 2,656 Millionen Euro, davon 472 000 Euro Grundgehalt, Boni von 1,401 Millionen Euro und Aktienoptionen im Wert von 783 000 Euro. Ansonsten nennen deutsche Konzerne nur die Gesamtsumme der Vorstandsbezüge. Im kommenden Jahr soll es besser werden, sagt zum Beispiel die Deutsche Bank. Dann soll auch dort nachzulesen sein, was die Herren in der Top-Etage kassiert haben.

Trotz mieser Bilanz fürstlich entlohnt

Für die Gewerkschaften sind die Millionen-Gehälter der Top-Manager ein gefundenes Fressen - gerade in Zeiten von Tarifverhandlungen, in denen die Arbeitnehmerseite angeblich viel zu viel verlangt. Zugleich werden Top-Manager trotz zum Teil schlechter Bilanzen fürstlich entlohnt. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel rechnet in diesen (Streik-) Tagen gern vor, dass die Gehälter der Vorstände der 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland zwischen 1998 und 2000 um satte 64 Prozent gestiegen sind. Bei der Deutschen Bank war das Plus noch saftiger: Mussten sich die Herren im Vorstand 1997 noch mit umgerechnet 13 692 562,25 Euro begnügen, gab es 2000 mit 63 409 804,56 Euro mehr als vier Mal so viel. So viel wie für mehr als 2000 nach Tarif bezahlte Bankangestellte. Dass es ein Jahr später rund sieben Millionen Euro weniger sind, lässt sich verschmerzen.

Kein Wunder, dass Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Rolf Breuer, der als Top-Verdiener unter deutschen Managern gilt, nicht selten als Raffzahn hingestellt wird. Egal ob er nun elf oder zwölf Millionen Euro verdient. Er selbst, sagte er im März auf einer Konferenz in Frankfurt (Main), habe kein Problem, sein Gehalt offen zulegen. "Ich wäre heilfroh, wenn ich es endlich könnte. Es ist nämlich weniger als in den Zeitungen steht." Warum er es dann doch erst im kommenden Jahr tun will, sagt er nicht.

Offen bleibt, was angemessen ist

Nicht nur Breuer führt die Diskussion über die Spitzengehälter auf die hier zu Lande angeblich existierende Neidkultur zurück. Der Frage, was eine angemessene Entlohnung ist, weichen allerdings die meisten Manager aus. Sie soll, heißt es lapidar im Aktiengesetz "in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen". Auch die Vertreter der Gewerkschaften, die in vielen Aufsichtsräten sitzen, haben keine Antwort, nicken oft sogar Millionengehälter ab. Sind sechs Millionen Euro für Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp in Ordnung, wo doch die hochgepriesene Fusion mit Chrysler bislang eine einzige Enttäuschung war? Wie kann es sein, dass die Bezüge der Telekom-Vorstände 2001 um 90 Prozent in die Höhe schießen, während der Aktienkurs in die Tiefe rauscht? Kritik kommt nicht nur aus den Reihen der Gewerkschaften. "Ich halte inzwischen einige meiner Ex-Kollegen für total überbezahlt", sagt Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Top-Manager von IBM und Ex-Präsident des Industrieverbandes.

Breuer fordert, dass Vorstandsgehälter künftig detailliert offengelegt werden. Man solle dem Beispiel der USA folgen, bevor der Gesetzgeber aktiv werden müsse. Aktionäre fordern dies schon lange. Sie sind schließlich Eigentümer des Unternehmens und damit Arbeitgeber auch des Vorstandes. Der sollte wissen, was seine Angestellten verdienen. Mehr Transparenz und eine Diskussion über angemessene Top-Gehälter sei für jedes Unternehmen förderlich, glaubt Breuer. Das klingt gut, Fragezeichen bleiben.

Fakt ist allerdings, dass sich Top-Manager stärker als in der Vergangenheit am Erfolg ihrer Arbeit werden messen lassen müssen. Tendenziell wird der Anteil der Grundvergütung weiter sinken, die erfolgsabhängigen Bestandteile werden in den Vordergrund rücken. Bei der Deutschen Bank etwa entfielen 2001 nur zehn Prozent der Gesamtbezüge des Vorstandes auf das Grundgehalt. Der Rest waren Bonuszahlungen und Optionen.

Weil das so ist, haben sich deutsche Top- Manager im Schnitt im vergangenen Jahr schon mit etwas weniger Geld zufrieden geben müssen. "Das reflektiert die schlechtere Wirtschafts- und Ertragslage", sagt Hubert Johannsmann, Chef der Münchener Personalberatung Interconsilium, die die Gehaltsstruktur analysiert hat. Im Schnitt landeten 2001 bei den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen mit 1,64 Millionen Euro zwei Prozent weniger auf dem Konto. Trotzdem war es immer noch fast doppelt so viel wie 1996. Im laufenden Jahr werden die Top-Manager noch bescheidener sein müssen: Die alles andere als rosige Lage der Unternehmen schlägt sich erst jetzt in den Boni nieder. Um bis zu zehn Prozent könnte es weiter nach unten gehen.

Lufthansa-Chef Jürgen Weber dürfte das am wenigsten ausmachen. Kein anderer Konzernchef verdient so wenig wie er und zeigt so viel Gespür für die Signalwirkung von Vorstandsgehältern ins Unternehmen hinein. Seine ohnehin nicht üppigen Bezüge rutschten im vergangenen Jahr trotz der Rekordperiode 2000 noch einmal um 36 Prozent auf rund 530 000 Euro. Schon im Oktober erklärte sich Weber angesichts der Krise nach den Terroranschlägen bereit, mit seinen Kollegen auf zehn Prozent des Grundgehaltes zu verzichten. Bei Commerzbank und Dresdner Bank, die 2001 auch mit erheblichen Problemen zu kämpfen hatten, stießen Sparvorschläge für die Top-Etage zunächst auf Verwunderung. Die Einsicht kam erst Monate später. Immerhin.

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