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Wirtschaft: Daimler und Telekom geben Maut nicht auf

Jürgen Schrempp lehnt Vermittlung durch Kanzler Schröder ab – und will in zehn Tagen zu einer Lösung kommen

Stuttgart/Berlin (alf/fo/vis). Daimler Chrysler und die Deutsche Telekom geben den Maut-Vertrag trotz der Kündigung durch Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) nicht verloren. „Unser Konzern wird alles tun, damit es in den nächsten zehn Tagen zu einer Einigung kommt“, sagte Konzernchef Jürgen Schrempp am Donnerstag in Stuttgart. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte den Bundeskanzler auf, die Maut „zur Chefsache zu machen“. Die beiden Konzerne zeigen aber kein Interesse an einem Spitzengespräch mit Gerhard Schröder.

Die offizielle Kündigung des Maut-Vertrags durch das Bundesamt für Güterverkehr ist am Donnerstagnachmittag bei den Unternehmen eingegangen. Ein Sprecher der Telekom versicherte: „Wir stehen zu dem Projekt Toll Collect.“ Die Telekom begrüße „außerordentlich, dass Daimler-Chrysler auch die Linie der Telekom vertritt“. Beide Konsortialpartner verweigern weiterhin, dem Bund Schadenersatz zu zahlen. Der Verkehrsminister will 6,5 Milliarden Euro von der Industrie. „Gewisse Forderungen“ der Bundesregierung bezeichnete Schrempp am Donnerstag als „total unberechtigt“. Auch von einem Vermittlungsgespräch mit Schröder hält der Automanager nichts. „Wir haben keinen Schiedsrichter. Wir brauchen keinen Schiedsrichter.“ Schrempp forderte vielmehr, „alle Beteiligten sollten konstruktiv an einer Lösung arbeiten“. In Telekomkreisen heißt es, Vorstandschef Kai-Uwe Ricke stehe ohnehin ständig in Kontakt mit dem Kanzler.

Nach den Äußerungen Stolpes scheiterten die Verhandlungen mit dem Maut-Konsortium Anfang der Woche weniger an technischen Fragen. Die Kündigung durch den Minister lösten letztlich zwei Streitpunkte aus. Daimler-Chrysler und Telekom waren nicht bereit, mehr als 800 Millionen Euro Vertragsstrafe pro Jahr zu akzeptieren. Stolpe fordert jedoch mindestens eine Milliarde Euro. Zudem hatte die Industrie ein Sonderkündigungsrecht ohne Angaben besonderer Gründe verlangt. Das war für Stolpe nicht akzeptabel. Nach Informationen des Handelsblatts war Daimler-Chrysler aber offenbar bereit, die Haftungsobergrenze auf eine Milliarde Euro zu erhöhen, was die Telekom zunächst abgelehnt habe. Mittlerweile sei aber auch sie bereit, die Summe unter Umständen auf eine Milliarde Euro zu erhöhen.

Aktionärsschützer kritisieren unterdessen massiv das Krisenmanagement der beteiligten Unternehmen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) prüft, ob Schrempp auf der kommenden Hauptversammlung die Entlastung verweigert werden soll. DSW-Sprecher Jürgen Kurz sagte dem Tagesspiegel, dass die Maut zwar nur ein „Nebengeschäft“ für Daimler-Chrysler und Telekom sei, dass die Verzögerung und Kündigung aber zu einem „Image-Gau“ geführt hätten.

Nach Angaben von Daimler-Chrysler-Finanzvorstand Manfred Gentz hat das Konsortium Toll Collect den Autokonzern im vergangenen Jahr 250 Millionen Euro gekostet. Und zwar durch die Abdeckung laufender Verluste, Rückstellungen für Vertragsverpflichtungen sowie Abschreibungen auf den Beteiligungswert. An Toll Collect halten Daimler- Chrysler und Telekom jeweils 45 Prozent, der französische Konzern Cofiroute zehn. Für Toll Collect gibt es laut Gentz kein Insolvenzrisiko, da die Gesellschafter dem Bund eine Garantie gegeben hätten: Wenn das Eigenkapital von Toll Collect verbraucht ist, müssen demnach Telekom und Daimler-Chrysler frisches Geld nachschießen. Zum Ende 2003 wies Toll Collect 1,1 Milliarden Schulden aus.

Zu Spekulationen über eine Beteiligung von Siemens bei Toll Collect sagte Schrempp, Siemens sei „ein großartiger Partner für On-board-units“; deshalb sei auch eine weiter gehende Partnerschaft denkbar. DSW-Sprecher Kurz glaubt sogar, dass Schrempp inzwischen „nicht ganz unglücklich“ wäre, wenn er seine Toll-Collect-Beteiligung an Siemens abgeben könnte. Schrempp appellierte an die Kompromissbereitschaft aller Maut-Beteiligten und äußerte gleichzeitig vorsichtig Kritik an den eigenen Partnern. „In erster Linie haben wir die Kompetenz, hervorragende Autos zu bauen, und die ist da nicht gefragt“, sagte Schrempp über die technischen Schwierigkeiten des Maut-Systems. Es seien aber „von allen Seiten Fehler gemacht worden“.

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