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Woher kommt die Musik? Für unerlaubte Downloads haben Jugendliche, beziehungsweise die Eltern, viel Geld zahlen müssen.

© picture alliance / dpa

Verbraucherschutz: Das Anti-Abzocke-Gesetz

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will Verbraucher vor hohen Anwaltskosten und unseriösen Inkassodiensten schützen. Verbraucherschützer sind voll des Lobes.

Berlin - Horrende Anwaltskosten für Jugendliche, die unerlaubt Musik aus dem Netz geladen haben, Inkassounternehmen, die Verbraucher ohne Grund abkassieren: Solche Praktiken sollen schon bald der Vergangenheit angehören. Nach Informationen des Tagesspiegels aus dem Ministerium will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) unseriöse Geschäftemacherei im Internet, bei der Telefonwerbung und beim Inkasso eindämmen. Das geplante neue „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ enthält folgende Regelungen:

Abmahnanwälte: Leutheusser-Schnarrenberger will die Kosten, die Abmahnanwälte Privatleuten wegen unerlaubter Downloads von Musik oder Videos aus dem Internet in Rechnung stellen, begrenzen. Für die erste Abmahnung sollen sie künftig „unter 100 Euro“ bleiben. Damit reagiert die Ministerin auf Kanzleien, die das Internet gezielt nach Urheberrechtsverletzungen durchsuchen, Verbraucher abmahnen und ihnen für die Abmahnung hohe Kosten berechnen. Ein Massenproblem: Nach Angaben von Verbraucherschützern gab es allein 2010 über 575 000 urheberrechtliche Abmahnungen mit einem Gesamtforderungsvolumen von über 412 Millionen Euro.

Nicht nur Verbraucher, auch Firmen sollen besser geschützt werden. Denn immer häufiger werden auch Existenzgründer oder Mittelständler Opfer von Abmahnanwälten, die das Netz nach Rechtsverstößen – etwa einem fehlenden Impressum auf der Website – durchforsten. Mit niedrigen Streitwerten will Leutheusser-Schnarrenberger die Kosten für die betroffenen Firmen auf rund 150 Euro senken. Und: Sowohl Privatleute als auch Firmen sollen künftig den Spieß herumdrehen können. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, soll seinerseits den Ersatz seiner Anwaltskosten verlangen können.

Telefonwerbung: Auch den Schutz der Bürger vor unerlaubter Telefonwerbung will Leutheusser-Schnarrenberger verbessern. Gewinnspielverträge sollen in Zukunft gar nicht mehr am Telefon geschlossen werden können. Das Bußgeld für unseriöse Anbieter soll von derzeit maximal 50 000 auf 300 000 Euro heraufgesetzt werden. Der Einsatz von automatischen Anrufmaschinen soll mit einem Bußgeld bestraft werden können.

Inkassodienste: Auch auf die zunehmenden Beschwerden von Verbrauchern über unseriöse Inkassodienste hat Leutheusser-Schnarrenberger reagiert. Nach den Plänen der Ministerin sollen Inkassounternehmen künftig angeben müssen, für wen sie arbeiten, um welche Forderung es geht und wie sich die Inkassokosten berechnen. Eine neue Kostenregelung soll sicherstellen, dass Verbraucher keine überzogenen Kosten mehr zahlen. Zudem soll die Aufsicht über die Branche verbessert werden. Die Registrierung, die jedes Inkassounternehmen braucht, soll schneller widerrufen werden können, das Bußgeld von derzeit maximal 5000 auf 50 000 Euro erhöht werden.

Datenschutz: Auch den Datenschutz will die Ministerin verbessern. Viele vermeintlich unentgeltliche Leistungen wie die Nutzung sozialer Netzwerke oder die Gewährung von Rabatten lassen sich die Anbieter nämlich dadurch bezahlen, dass sie die Daten ihrer Kunden selbst nutzen oder an Dritte weiterverkaufen. Künftig sollen die Firmen den Verbrauchern sagen müssen, was passiert, wenn sie in die Nutzung der Daten nicht einwilligen, ob sie eine einmal erteilte Einwilligung widerrufen können und wie das geht.

Mit ihrem Gesetzentwurf packe die Ministerin eine „ Reihe von Ärger-Themen an, die Verbrauchern das Leben schwer machen“, lobte der Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Unerlaubte Telefonwerbung habe sich zu einer modernen Landplage entwickelt. Daher sei eine Verschärfung der Regeln wichtig. Das gelte auch für das Inkasso-Unwesen. Eine Untersuchung der Verbraucherzentralen hatte im vergangenen Jahr ergeben, dass viele Verbraucher zu Unrecht abkassiert werden. „Das Justizministerium hat danach schnell reagiert und will nun wichtige Regeln auf den Weg bringen“, sagte Billen. Auch dass Leutheusser-Schnarrenberger den Datenschutz im Internet und den Schutz vor Massenabmahnungen verbessern will, sei erfreulich, „wenn auch überfällig“.

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