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Wirtschaft: Das DIW forscht nach neuen Geschäften

Der Umbruch im Institut verunsichert Mitarbeiter

Berlin - Umzüge sind für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nichts Neues. Am Kurfürstendamm, in der Fasanenstraße, sogar im mecklenburgischen Feldberg residierte die Denkfabrik in ihrer 82-jährigen Geschichte zeitweise. Nun ziehen die Forscher vom beschaulichen Dahlem Ende Juni nach Mitte in die Mohrenstraße. „Wir wollen näher am Kunden sein, an Ministerien und Verbänden“, sagt Institutschef Klaus Zimmermann. Doch in seinem Haus herrscht Unruhe – nicht nur wegen des Ortswechsels.

Seit seinem Antritt als Präsident im Jahr 2000 baut Zimmermann das DIW um. Das Haus, damals personell überbesetzt und mit dürftiger Forschungsleistung, soll wissenschaftlich zur international anerkannten Größe werden. Die Konkurrenz aus dem In- und Ausland ist härter geworden. Zudem verlangt der Staat mehr Leistung für sein Geld – zwei Drittel des Etats von knapp 19 Millionen Euro tragen der Bund und Berlin, den Rest bringen externe Aufträge ein.

Bei der Forschung vermeldet Zimmermann bereits Erfolg. „Im vergangenen Jahr haben wir mehr Fachartikel veröffentlicht als alle anderen Institute zusammen“, sagte er am Dienstagabend in Berlin. Das Mannheimer Institut ZEW komme nur auf halb so viele Publikationen, knapp vor dem Münchener Ifo-Institut. 2006 hatte eine Handelsblatt-Studie dem DIW dagegen bescheinigt, nur Mittelmaß zu sein.

Nun soll auch die Beratung besser werden. Dazu gründet das DIW eine Firma namens DIW Econ. „Sie soll unter Marktbedingungen anbieten“, sagt Zimmermann – mit mittelfristig 20 Forschern. Als Beschäftigungsgesellschaft für überzählige DIW-Leute soll die Firma nicht fungieren und auch dem Stammhaus keine Konkurrenz machen, kündigte Zimmermann an. Als Kunden stellt er sich Firmen und Verbände vor. Geld verdienen soll DIW Econ auch.

Das Institut selbst werde „tendenziell weiter schrumpfen“, sagte Zimmermann. Unter den derzeit 180 Leuten ist eine Reihe von Hilfswissenschaftlern. Werden deren Stellen frei, werden sie nicht neu besetzt. Die Arbeit erledigen dann befristet beschäftigte Doktoranden. „Wir werden mehr Fluktuation haben, mehr Teilzeitbeschäftigte.“ Internen Schätzungen zufolge käme das DIW auch mit gut 100 Beschäftigten über die Runden. Beim Personal kommt der Stellenabbau nicht gut an. „Die Stimmung war noch nie so mies“, erzählt ein leitender Mitarbeiter.

Was die Regierung vom DIW hält, wird Zimmermann bald erfahren. Bis Juli will das Wirtschaftsministerium entscheiden, welche Institute den Zuschlag für das Frühjahrs- und das Herbstgutachten bekommen. Die Regierung hat den 1,3 Millionen Euro schweren Auftrag erstmals ausgeschrieben, um durch Wettbewerb die Qualität der Konjunkturprognose zu steigern. Höchstens vier statt bisher bis zu sechs Häuser werden zu den Auserwählten gehören. Bis Montag müssen die konkreten Angebote beim Glos-Ministerium auf dem Tisch liegen. „Für alle, die nicht zum Zuge kommen, bedeutet das einen Prestigeverlust“, fürchtet Zimmermann. Immerhin gilt der Auftrag für drei Jahre. Das DIW hat sich für das Angebot mit dem Mannheimer ZEW zusammengetan. Sollten die Berliner keinen Erfolg haben, wollen sie trotzdem weiter Aufschwünge und Rezessionen erforschen. Immerhin wurde das DIW einst als „Institut für Konjunkturforschung“ gegründet. Man sei nicht vom Regierungsgutachten abhängig, sagt Konjunkturchef Alfred Steinherr.

Das DIW geht aber mit Hypotheken in den Wettbewerb. Die Beiträge der DIW-Experten beim jüngsten Frühjahrsgutachten seien dürftig gewesen, monieren Konjunkturexperten anderer Institute. Zudem kam Zimmermanns Personalpolitik jüngst erneut ins Gerede. Er hatte seinem Steuerexperten Dieter Vesper einen Maulkorb verpasst, nachdem sich Finanzminister Peer Steinbrück beschwert hatte, Vesper posaune zu frühe und zu optimistische Schätzungen über die Staatseinnahmen heraus. „Diese Affäre ist ein klarer Malus für das DIW“, sagt ein Insider.

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