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Wirtschaft: Das Ende der Gemütlichkeit

Mitarbeitern und Aufsichtsrat geht es zu schnell – doch die Investoren verlangen noch mehr Tempo

Berlin - Applaus darf Klaus Kleinfeld aus keiner Richtung erwarten. Die großen Veränderungen bei Siemens machen viele Mitarbeiter nervös. Den Investoren jedoch geht der Umbau des Konzerns nicht schnell genug. Sie wollen endlich bessere Zahlen sehen: „Zum Unternehmertum gehört eine vernünftige Rendite. In dieser Hinsicht war 2006 wieder ein verlorenes Jahr für Siemens“, sagt Henning Gebhardt, Leiter Deutsche Aktien bei der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS.

An diesem Donnerstag wird Siemens- Chef Klaus Kleinfeld die Ergebnisse für das am 30. September beendete Geschäftsjahr präsentieren. „Wir erwarten, dass Siemens ganz ordentliche Zahlen vorlegen wird“, sagt Fondsmanager Christoph Niesel von Union Investment. „Beim Ergebnis rechnen wir im vierten Quartal aber noch nicht mit dem großen Durchbruch.“ Das tun auch die Analysten nicht. Im Schnitt erwarten sie für das Gesamtjahr einen Umsatzanstieg von 75,4 Milliarden im Vorjahr auf nun knapp 86 Milliarden Euro. Der Gewinn soll von 2,3 Milliarden auf 3,3 Milliarden Euro zulegen. Hohe Restrukturierungsausgaben für die krisengeschüttelten Bereiche – den IT- Dienstleister SBS etwa und die Kommunikationssparte Com – belasten das Ergebnis mit mehreren hundert Millionen Euro.

Teile von SBS und Com sind inzwischen ausgegliedert. Doch noch immer wissen rund 16 000 ehemalige Com-Mitarbeiter, die heute in der Geschäftseinheit „Enterprise“ Netzwerke für Unternemen bauen, nicht, wie es weitergeht. Siemens sucht noch nach einem Partner – und muss nach dem Imageschaden, den der Verkauf der inzwischen insolventen Handy-Sparte an BenQ angerichtet hat, deutlich vorsichtiger agieren.

In Berlin ist Siemens der größte industrielle Arbeitgeber der Stadt. Kleinfeld will den Konzern auf die Megatrends der Zukunft ausrichten: die älter werdende Bevölkerung und die Verstädterung der Gesellschaft. Dazu gehören die Medizintechnik, aber auch die Windenergie und die Wasseraufbereitung. Hier hat er zuletzt Milliarden ausgegeben. Andere Bereiche stößt er ab. Mittlerweile überfordert er damit aber nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch einige Mitglieder des Aufsichtsrats.

Doch die Fondsgesellschaften DWS und Union Investment, die sich zu den größten Investoren zählen, sehen ihn zwar auf dem richtigen Weg, fordern aber mehr Tempo. „Ich erwarte von Siemens eine Umsatzrendite, die deutlich über den aktuellen acht Prozent liegt“, sagt Fondsmanager Niesel. „Damit kann man in einer weltwirtschaftlichen Wachstumsphase nicht zufrieden sein.“ Wettbewerber wie ABB oder General Electric schafften elf oder 14 Prozent. „Wir unterstützen Herrn Kleinfeld im Prozess des Unternehmensumbaus“, sagt Gebhardt von der DWS. Es gelinge Kleinfeld aber nicht zu erklären, wo er mit Siemens hinwolle. „Die gute Aufstellung ist da, aber es muss unter dem Strich mehr dabei herauskommen“, sagt auch er. „Wir sind mit der vergleichsweise niedrigen Profitabilität nicht zufrieden.“ Bei Siemens gehe es immer noch zu gemütlich zu, „auch wenn es nicht mehr so gemütlich ist, wie es mal war“.

Gespannt warten die Investoren darauf, welchen Ausblick Kleinfeld auf 2007 geben wird. In Zukunft wollen sie deutlich ambitioniertere Renditeziele sehen als die für Frühjahr 2007 gesetzten. Sollte Siemens hier nicht besser werden, sehen sie den Konzern sogar als Übernahmekandidat. „Siemens muss konsequent an seiner Profitabilität arbeiten“, sagt Fondsmanager Niesel. „Wenn man das versäumt, dann ist man bald nicht mehr Herr seiner Geschicke und wird zum Übernahmeziel. Und ein ausländischer Besitzer wird weitaus brutaler vorgehen – ohne Rücksicht auf Verluste.“

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