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Wirtschaft: Das Ende einer langen Grübelei

BONN (aho).Die Nachricht aus dem Finanzministerium kam spät am Donnerstagabend, aber sie hatte es sich.

BONN (aho).Die Nachricht aus dem Finanzministerium kam spät am Donnerstagabend, aber sie hatte es sich.Die Deutsche Post übernimmt zu 100 Prozent die Deutsche Postbank, und Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) erhält dafür im kommenden Jahr 4,3 Mrd.DM für seinen Haushalt.Möglich wurde der Deal, nachdem die Post-Vorstände den Kaufvertrag unterschrieben und die Aufsichtsräte ihn einstimmig begrüßt hatten.Jetzt müssen die Aufseher ihn am Sonntag endgültig beschließen.

Damit beenden sie eine wochenlange Grübelei der Journalisten über die Zukunft der "Bank fürs Wesentliche" (Eigenwerbung).Die Sozialdemokraten wollten Post und Postbank stärker verbinden und stützten sich auf die Investmentbank Morgan Stanley.In einem Gutachten empfiehlt sie der Postbank als strategischen Partner die Post.Der Hintergrund: Beide Unternehmen nutzen die Schalter in den 12 000 Filialen zwischen Aachen und Zittau, doch stritten sich oft über die Kosten.Der frühere Bundesfinanzminster Theo Waigel (CSU) wollte das Geldhaus außerdem privatisieren, um seine Haushaltskasse aufzufüllen.Nachfolger Lafontaine hält an dem Ziel fest.

Nach der jetzt gefundenen Lösung schlüpft die Postbank nur vorübergehend vollständig bei der Post unter.In einem zweiten Schritt sollen je zehn Prozent der Anteile die Geschäftpartner des Geldinstituts, die Bausparkasse Wüstenrot und der Haftpflichtverband der Industrie (HDI), übernehmen.Außerdem könnte noch die DSL-Bank in das Konzept einbezogen werden.Weitere 30 Prozent der Postbank-Anteile sollen an die Börse gebracht werden, vermutlich im kommenden Jahr.Auf jeden Fall sollen die Aktien aber vor dem Börsengang der Post im Jahr 2000 neue Eigentümer finden.

Ob dieser Fahrplan eingehalten wird, ist keineswegs gewiß.Die Postbank (Bilanzsumme 1997: 111,5 Mrd.DM) schleppt Altlasten aus der Vergangenheit mit sich.Zuviel Personal, zu hohe Kosten sind die Stichworte.Zwar hat das Geldhaus seit Anfang der 90er Jahre seine Belegschaft um knapp 8000 Stellen auf 12 000 reduziert.Weitere 4000 werden in den nächsten drei, vier Jahren folgen.Doch die Geschäfte liefen alles andere als gut.1996 schrieb das Kreditinstitut 1,25 Mrd.DM an Verlusten, 1997 verblieb ein Gewinn von 27 Mill.DM.Die Bank verwaltet weniger Konten; von 1994 bis September 1997 sank die Zahl der Girokonten um 13 Prozent, bei den Sparkonten sogar um 17 Prozent.

Kommunikationschef Bernd Geilen erklärt die schlechten Zahlen mit den Lasten der Vergangenheit.Das Unternehmen mußte allein im vergangenen Jahr 1,5 Mrd.DM an Rückstellungen leisten.In diesem Jahr sei der "Turnaround" bei Girokonten sowie Sparbriefen und Termineinlagen gelungen.Für 1998 erwartet das Kreditinstitut sogar einen Jahresüberschuß vor Steuern von 400 Mill.DM.Postbank-Chef Dieter Boening wittert jetzt sogar neue Chancen.Er hofft durch den neuen Eigentümer zu einer "führenden Bank für Privat- und Firmenkunden Deutschlands" zu werden.Der Post-Experte der FDP, Rainer Funke, ist viel pessimistischer und spricht von der "Rolle rückwärts".Die ehemalige Bundesregierung habe die Bundespost seinerzeit in drei Unternehmen geteilt, um auch für die Postbank eine eigenständige Zukunft zu erreichen.Das sei jetzt kaum mehr möglich.Manche sehen sogar den Börsengang gefährdet."Warum sollte ein Anleger die Postbank kaufen, wenn es so viele andere attraktivere Bankaktien in Europa gibt", sagt ein Branchenkenner.

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