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Wirtschaft: Das Gold geht nach oben

Der Preis für das Edelmetall ist wegen der Irak-Krise und der Börsen-Baisse gestiegen – Experten glauben, dass der Preis hoch bleibt

Von Wolfgang Drechsler,

Johannesburg

Jahrelang war der Blick auf den Goldmarkt so aufregend wie der Versuch, Gras beim Wachsen zuzuschauen. Im Januar 1980 war Gold kurzzeitig auf das Allzeit-Hoch von 850 Dollar pro Unze geschnellt. Danach ging es 20 Jahre lang fast durchweg bergab.

Nun aber scheint sich eine Trendwende anzudeuten: Sorgen vor einem Krieg im Nahen Osten, die Baisse an den Weltbörsen und ein schwacher Dollar haben Bewegung in den Goldmarkt gebracht und dem gelben Metall zu neuem Glanz verholfen. Ende letzter Woche kletterte der Unzenpreis kurzzeitig sogar auf 354 Dollar – so teuer war Gold zuletzt vor sechs Jahren. Paul Walker von der Researchgesellschaft Gold Fields Mineral Services (GFMS) in London rechnet in den nächsten Monaten mit weiteren Preisausschlägen.

Die starken Schwankungen zeigen, dass am Goldmarkt eigene Gesetz gelten. Selbst Experten können die Übertreibungen nach oben wie unten oft nicht verstehen. „Häufig ist nicht ersichtlich, weshalb der Preis so wild in die eine oder andere Richtung ausschlägt“ meint Bernard Swanepoel, Chef des südafrikanischen Goldproduzenten Harmony. Sicher ist nur: Wer in Gold flüchtet, rechnet wirtschaftlich mit dem Schlimmsten. Mit Inflation, einer Dauerkrise des Aktienmarktes, mit Krieg, Terroranschlägen oder im äußersten Fall gar dem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems.

Wer den Goldpreis voraussagen will, muss deshalb neben der Kenntnis wirtschaftlicher Abläufe auch etwas von Politik und Psychologie verstehen. Denn anders als bei den meisten anderen Rohstoffen, die, wie Kohle, Kupfer oder auch Platin, in einem engen Verhältnis von Angebot und Nachfrage stehen, ist für die Entwicklung des Goldpreises vor allem die geopolitische Großwetterlage von Bedeutung.

Klar ist auch, dass der steigende Goldpreis das Verhalten vieler Investoren verändert hat. Nachdem vor allem Kleinanleger in den letzten beiden Jahren bittere Verluste am Aktienmarkt einstecken mussten, zählt nun vor allem ein sicheres Portfolio. Im abgelaufenen Jahr ist es denn auch zu einer weiteren Umschichtung von Aktien in Gold gekommen. Immer öfter wird das gelbe Metall auch von großen Fonds den Portfolios als Sicherheit beigemischt - für den Fall, dass die gegenwärtige Krise länger dauert.

Für einen anhaltend höheren Goldpreis spricht auch das ausgewogenere Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Nachdem die Zentralbanken, die in ihren Tresoren rund 32000 Tonnen Gold gelagert haben, jahrelang jeden Anstieg des Preises zum Goldverkauf genutzt haben, ist der Markt durch das 1999 von 15 Zentralbanken beschlossene Moratorium auf Goldverkäufe berechenbarer geworden. Bis 2004 dürfen die 15 Zentralbanken als Teil der kollektiven Selbstbeschränkung zusammen maximal 400 t pro Jahr aus ihren Beständen veräußern. Viele Beobachter erwarten für den Zeitraum danach eine ähnliche Übereinkunft.

Inzwischen hat der Preisanstieg eine Eigendynamik entwickelt. Ablesbar ist dies daran, dass nun auch fast alle Goldproduzenten an weiter steigende Preise glauben und ihre Terminverkäufe zurückfahren. Hatten viele Konzerne noch vor zwei Jahren einen Gutteil des noch im Boden befindlichen Goldes für einen festen Preis im voraus verkauft, nehmen sie jetzt zunehmend davon Abstand. Dies macht es erheblich schwerer, das Goldangebot im voraus zu bestimmen, was wiederum preistreibend wirkt. Ein Hinweis darauf ist, dass sich selbst die fallende Nachfrage der Schmuckindustrie nicht negativ auf den Goldpreis ausgewirkt hat.

Die meisten Goldexperten tendieren wie Andrew Smith von Mitsui Global Precoius Metals zu der Einschätzung, dass im heutigen Umfeld weitere Sprünge des Goldpreises wahrscheinlich sind, auch wenn ein Krieg gegen den Irak inzwischen im Preis enthalten sei. Ingrid Sternby von Barclays Capital, sieht zwar nach den jüngsten Zugewinnen keine durchgreifenden Anzeichen für eine weitere Preiserholung. Allerdings glaubt auch sie, dass das Edelmetall schon wegen des möglichen Krieges im Irak und der Dollarschwäche kein größeres Rückschlagrisiko in sich birgt.

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