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Wirtschaft: Das Haushaltsloch wird noch größer

CDU-Haushaltspolitiker: Finanzminister Eichel muss 25 Milliarden Euro sparen – Neue Lasten für die Bürger

Berlin (asi/uhl/HB). Finanzminister Hans Eichel (SPD) wird im Haushalt 2004 wahrscheinlich noch mehr Geld als geplant einsparen müssen. Das befürchtet die Union. Deren haushaltspolitischer Sprecher, Dietrich Austermann (CDU), rechnet wegen der schwachen Wachstumsprognosen für 2004 mit einer Nettoneuverschuldung von rund 50 Milliarden Euro. Um einen verfassungsgemäßen Haushalt (Investitionssumme bei 25 bis 26 Milliarden Euro) aufstellen zu können, sagte Austermann dem Tagesspiegel, müsse Eichel 25 Milliarden Euro einsparen.

Als Zielmarke für die Neuverschuldung hat sich Eichel bisher einen Betrag von maximal 23 Milliarden Euro vorgenommen. Um diese Summe zu erreichen, muss er die Ausgaben um mindestens 15 Milliarden Euro kürzen und auf höhere Steuereinnahmen oder Privatisierungserlöse setzen. Pessimisten in der Koalition nennen sogar einen Konsolidierungsbedarf von 18 Milliarden Euro.

Selbst diese Summe „reicht bei weitem nicht aus“, sagte Austermann. Der Finanzminister beginnt derzeit die „Chefgespräche“ – Verhandlungsrunden mit allen Bundesministern. Den Haushaltsentwurf will er dem Kabinett am 25. Juni vorlegen, Ende August wird die Koalition voraussichtlich über den Etatentwurf sprechen. Bereits übermorgen wird es spannend. Dann verhandelt Eichel mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Im Mittelpunkt wird der Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit stehen. Eichel will durchsetzen, dass der Zuschuss 2004 weit unter den sieben bis acht Milliarden Euro liegt, die dieses Jahr nötig sind.

Als unstrittig gilt die Tatsache, dass selbst ein Konsolidierungsvolumen von 15 Milliarden Euro nicht durch so genannten „normalen Haushaltsvollzug“ erreicht werden kann. Grund: 90 Prozent des Haushalts (etwa 250 Milliarden Euro) sind durch Gesetze oder Ermächtigungen der Vergangenheit gebunden. Um dennoch ein so großes Volumen erreichen zu können, muss der Finanzminister einen Mix aus Subventionsabbau, Steuererhöhungen und Einsparungen vorschlagen und mit seinen Kabinettskollegen abstimmen. Weil sich auch die Finanzminister der Bundesländer derzeit im Haushaltsverfahren 2004 befinden und ähnliche Probleme haben, gilt eine weit gehende Verständigung über Leistungskürzungen zwischen Regierung und Bundesrat als wahrscheinlich.

Zum einen betrifft das die Maßnahmen aus dem Steuervergünstigungsabbaugesetz, wie die Mindeststeuer. Nachdem die Union den überwiegenden Teil von Eichels Paket im Frühjahr im Bundesrat gekippt hat, muss sich die Wirtschaft darauf einrichten, nun 2004 zur Kasse gebeten zu werden.

Auch die Bundesbeamten müssen sich im nächsten Jahr auf Kürzungen des Weihnachts und des Urlaubsgeldes einstellen. Eichel hatte bereits im Haushaltsausschuss „erhebliche Einschnitte" in der Beamtenbesoldung angekündigt. Das Kabinett hatte zugleich eine Bundesratsinitiative gebilligt, wonach die Länder Weihnachts- und Urlaubsgeld kürzen können. Davon will auch der Bund Gebrauch machen.Den größten Sparposten wird Eichel Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) abverlangen. Nach den jüngsten Debatten ist klar, dass Rentner zumindest mit einer geringeren Anpassung ihrer Bezüge, wahrscheinlich sogar mit Mehrbelastungen rechnen müssen.

Im Bereich des Subventionsabbaus sollten sich alle Bezieher von steuerlichen oder direkten Finanzhilfen auf Kürzungen einstellen. Das betrifft etwa Landwirte, deren Krankenkassenbeiträge bis jetzt noch zur Hälfte vom Bund bezuschusst werden. Glaubt man den Beteuerungen der Koalition, dann werden auch Nacht- und Feiertagszuschläge sowie die Entfernungspauschalen für Berufspendler nicht ungeschoren davon kommen.

Die Haushaltsexperten der Union haben derweil noch eine viel dramatischere Erkenntnis gewonnen. Sie haben errechnet, dass dem Staat bei anhaltend schwacher Konjunktur nicht nur im nächsten, sondern auch in den folgenden Jahren ähnliche Sparprogramme bevorstehen. Unions-Politiker Austermann drängt deshalb am Donnerstag im Haushaltsausschuss noch einmal, schon jetzt auf die Bremse zu treten, und will erneut eine Haushaltssperre und ein Haushaltssicherungskonzept fordern.

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