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Muss noch mehr sparen. Griechenlands Finanzminister Papakonstantinou

© AFP

Das Loch wird immer größer: Griechisches Defizit höher als angenommen

Griechenlands Finanzlage ist noch prekärer als bisher angenommen. Wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte, ist das griechische Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr auf 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angewachsen.

Athen - Griechenlands Finanzlage ist noch prekärer als bisher angenommen. Wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte, ist das griechische Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr auf 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angewachsen. Die Griechen haben also mehr als ein Zehntel ihrer Ausgaben durch Kredite finanziert. Ursprünglich hatte die Athener Regierung für 2010 einen Fehlbetrag von 8,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angekündigt. Später musste sie die Defizitquote auf 9,5 Prozent korrigieren.

Die Gesamtverschuldung Griechenlands stieg Ende 2010 auf 328,6 Milliarden Euro. Das sind 142,8 Prozent des BIP, also mehr als das 1,4-Fache der griechischen Wirtschaftsleistung. Die EU- Kommission war bislang noch von 140,2 Prozent ausgegangen. Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn bezeichnete die neuen Zahlen in Brüssel als „besorgniserregend“. Das Athener Finanzministerium führt das höhere Defizit vor allem auf die schwache Konjunktur zurück: Die griechische Wirtschaft schrumpfte 2010 um 4,5 Prozent. Erwartet hatte man ein Minus von vier Prozent. Auch die staatlichen Krankenhäuser und Rentenkassen rutschten tiefer in die roten Zahlen als angenommen.

Trotz des höheren Defizits halte die Regierung an ihren Konsolidierungszielen für dieses und die folgenden Jahre fest, teilte das Finanzministerium mit. Danach soll der Fehlbetrag in diesem Jahr auf 7,4 Prozent sinken. Bis 2014 soll er weniger als drei Prozent vom BIP betragen. Das ist die Höchstgrenze, die der EU-Stabilitätspakt erlaubt. Wenn Finanzminister Giorgos Papakonstantinou das erreichen will, muss er den Haushalt bereits in diesem Jahr um rund drei Milliarden Euro zusätzlich entlasten – durch weniger Ausgaben und höhere Einnahmen. Den Griechen stehen also neue Einsparungen bevor, vor allem im öffentlichen Dienst. Hier will die Regierung weitere Zulagen kürzen, Überstunden streichen und die Wochenarbeitszeit von 37 auf 40 Stunden erhöhen. Auch neue Steuererhöhungen und die Streichung von Freibeträgen stehen zur Diskussion. Mitte Mai will die Regierung einen Gesetzentwurf mit den neuen Sparmaßnahmen ins Parlament bringen. Dazu gehört auch ein Privatisierungsprogramm, mit dem Griechenland in den kommenden fünf Jahren rund 50 Milliarden Euro einnehmen will. Das Paket soll bis Anfang Juni vom Parlament verabschiedet werden, bevor die Euro-Finanzminister Ende des Monats über die Freigabe einer weiteren Tranche der Hilfskredite für Griechenland in Höhe von zwölf Milliarden Euro entscheiden.

Allerdings gibt es immer mehr Zweifel daran, dass sich Griechenland mit dem Sparprogramm und den Rettungskrediten der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus der Schuldenfalle befreien kann. Die Rufe nach einer Umschuldung werden immer lauter, auch wenn die griechische Regierung, die EU und der IWF eine solche Möglichkeit immer noch offiziell dementieren. Am Dienstag riet der Volkswirt Lars Feld, Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Griechenland zu einer Restrukturierung seiner Schulden. Er glaube nicht, dass Athen ohne eine Umschuldung mit der Konsolidierungsstrategie Erfolg haben werde, sagte Feld gegenüber Bloomberg TV. Eine Umschuldung könnte etwa so aussehen, dass die Gläubiger den Griechen mehr Zeit geben, ihre Kredite zurückzuzahlen. Sie könnten auch die Zinsen verringern oder die Zinszahlungen ganz aussetzen. Im radikalsten Fall, dem sogenannten „Haircut“, würden die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Die EU befürchtet, dass eine Umschuldung Griechenlands die Investoren auch aus anderen Schuldenstaaten vertreiben könnte. Spanien etwa musste am Dienstag wieder höhere Zinsen für neue Staatsschulden zahlen als noch im März. Insgesamt liehen sich die Spanier knapp zwei Milliarden Euro.Gerd Höhler

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