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Wirtschaft: "Das Wettbewerbsrecht schränkt den Handel unnötig ein"

Hans-Joachim Körber (55) ist seit 2001 Chef der Metro AG. Das Unternehmen ist mit 49,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2001 der weltweit viertgrößte Einzelhändler.

Hans-Joachim Körber (55) ist seit 2001 Chef der Metro AG. Das Unternehmen ist mit 49,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2001 der weltweit viertgrößte Einzelhändler. Die Metro-Holding vereinigt unter ihrem Dach die Kaufhof-Warenhäuser, Supermärkte der Marke Real und die Elektronikkette Media Markt. Den größten Teil ihres Geschäfts macht die Metro mit ihren Großhandelsmärkten. Körber setzt die von seinem Vorgänger eingeleitete Internationalisierung des Konzerns konsequent fort.

Herr Körber, seit Januar zahlen die Deutschen mit dem Euro. Welche Erfahrungen hat die Metro gemacht?

Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte. Nach zehn Tagen war die D-Mark praktisch vergessen. Schwieriger ist, dass die Menschen die neuen Preise erst lernen müssen. Es wird noch eine Weile dauern, bis sich neue Preisschwellen herausbilden und diese im Bewusstsein der Verbraucher sind. Aktuelle Befragungen zeigen, dass 83 Prozent der Verbraucher immer noch in D-Mark denken.

Der Handel hat die Euro-Einführung und den Winterschlussverkauf für spektakuläre Rabattaktionen genutzt und dafür dann Abmahnungen von den Gerichten kassiert. Was lief falsch?

Im vergangenen Jahr wurden Rabattgesetz und Zugabeverordnung abgeschafft, was gut war. Das deutsche Wettbewerbsrecht schränkt die Händler aber immer noch unnötig ein. Ich halte die Einschränkung von Schluss- und Sonderverkäufen für eine Überreglementierung, die hoffentlich bald fallen wird.

Im Justizministerium gibt es eine Arbeitsgruppe, die eine Gesetzesänderung ausarbeitet. Können Sie da Einfluss nehmen?

Es ist nicht einzusehen, dass eine Branche wie der Handel mit 2,8 Millionen Beschäftigten keine schlagkräftige politische Interessenvertretung hat. Die Handelsunternehmen versuchen daher, alle Handelsverbände unter einem Dach zusammenzufassen. Dann haben wir eine starke Vertretung im Land. Gleichzeitig müssen wir unsere Präsenz in Brüssel ausbauen, weil immer mehr Gesetzesinitiativen von der EU kommen.

Welche Änderungen für den Einzelhandel erwarten Sie aus Brüssel?

Wir rechnen damit, dass wir bei den Themen Rabatte, Schlussverkäufe, Verkaufsevents und Ladenschlusszeiten deutlich liberalere Regelungen als in Deutschland bekommen werden.

Wie wird sich der Markt in diesem Umfeld entwickeln?

Mit dem Euro entsteht ein neuer Wirtschaftsraum, den wir aggressiv angehen müssen. Ausländische Unternehmen werden weiter versuchen, hierzulande Fuß zu fassen und umgekehrt. Nur wenn wir auf europäischer Ebene wachsen, können wir uns gegenüber den internationalen Wettbewerbern behaupten. Größere Übernahmen sind im europäischen Raum nicht auszuschließen.

Sie haben mit Payback eine weit verbreitete Kundenkarte. Außer Punkten und Prämien gibt es aber noch nicht viel. Was wollen Sie den Kunden in Zukunft bieten?

Die Payback-Karte ist mit 16 Millionen Besitzern die Karte mit den meisten Mitgliedern. Wir testen jetzt, wie die Kunden auf unterschiedliche Angebote reagieren. Die Karte soll letztlich alle wesentlichen Lebensbereiche eines durchschnittlichen Verbrauchers abdecken. Neben den bestehenden Einzelhändlern verhandeln wir derzeit mit einer großen Telefongesellschaft und einer Versicherung über die Teilnahme an Payback. Da wir durch Payback viel über unsere Kunden lernen, sind individuelle Aktionen möglich. Besonders treuen Kunden bieten wir dann zum Beispiel die Möglichkeit, beim Winterschlussverkauf schon eine Stunde vor der Öffnung in die Läden zu kommen. Oder wir bieten Kartenbesitzern spezielle Rabatte an.

Ihre Kaufhof-Warenhäuser erfüllen die Erwartungen nicht, die Sie hatten. Wie geht es da weiter?

Kaufhof hatte tatsächlich ein schwächeres viertes Quartal. Über 80 Prozent der Warenhäuser sind bereits auf das erlebnisorientierte Galeria-Konzept umgestellt worden. Das Konzept ist soweit systematisiert worden, dass man es auch ins Ausland übertragen kann. Daher sind wir offen für Partner, die ihr eigenes Unternehmen mit einbringen und bereit, bis zu 49 Prozent an Kaufhof abzugeben.

Sie haben mit "Emotions" ein Themenkaufhaus für junge Frauen an drei Standorten. Planen Sie weitere Häuser?

Wir sind in der Testphase und noch nicht da, wo wir hin wollen. Das Konzept muss noch optimiert werden, was nicht ganz einfach ist. Die Frage ist, ob man das Konzept multiplizieren kann. Gegen Ende des Jahres entscheiden wir das.

Warum läuft es bei den Praktiker-Baumärkten so schlecht?

Die Baumärkte waren nach dem Mauerfall das El Dorado des deutschen Handels. Jeder konnte mit Baumärkten viel Geld verdienen. Jetzt haben wir viele mittelgroße Unternehmen, die kleine Marktanteile haben und zum Teil nur regional vertreten sind. Hinzu kommt, dass der Markt zwei Jahre hintereinander um fünf Prozent geschrumpft ist. Es wird zwangsläufig zu einer Bereinigung des Marktes kommen. Wir sind als Nummer zwei in der deutschen Baumarktbranche in einer relativ komfortablen Situation und werden uns alle Optionen offen halten.

Analysten fordern eine Konzentration ihres Konzerns auf den Großhandel. Was halten Sie davon?

Für mich gibt es keine fokussierten und nicht fokussierten Unternehmen, sondern nur erfolgreiche und nicht erfolgreiche. Das erfolgreichste Unternehmen ist im Moment General Electric, ein typisches Konglomerat. Auch unsere direkten Wettbewerber sind in unterschiedlichen Bereichen aktiv und erfolgreich. Wir fühlen uns mit unserem Portfolio wohl und der Kapitalmarkt nimmt uns das zunehmend ab.

Der Börsenkurs spricht eine etwas andere Sprache. Der Kurs der Metro-Aktie brach im vergangenen Jahr um rund ein Viertel ein. Wie bewerten Sie das?

Wir betrachten den Kurs unserer Aktie immer in Relation zum Wettbewerb. In diesem Vergleich stehen wir im Moment besser da. Absolut gesehen sind wir nicht zufrieden mit der aktuellen Kursentwicklung.

Die Internationalisierung über Europa hinaus ist eines der wichtigsten strategischen Ziele der Metro. Welche Länder wollen Sie als nächstes erschließen?

Aktuell haben wir einen Auslandsanteil beim Umsatz von 45 Prozent, den wir sukzessive steigern wollen. Europa decken wir fast vollständig ab, werden aber auch hier weiter expandieren. Jetzt konzentrieren wir uns auf Asien. In China haben wir bereits 15 Großhandelsmärkte, 15 weitere sind in Planung. In wenigen Tagen eröffnen wir den ersten Markt in Vietnam, im Herbst starten wir in Indien und Japan. Weitere Länder werden folgen. Wir wollen um sieben Prozent pro Jahr organisch wachsen: Das sind 3,5 Milliarden Euro Umsatz, 8000 neue Mitarbeiter und 100 neue Standorte.

Verdienen Sie irgendwo in Asien tatsächlich Geld?

Ja, die ersten Märkte werfen bereits Gewinne ab. Wenn wir in ein neues Land gehen, müssen wir eine neue Zentrale einrichten und die Mitarbeiter schulen. Ein Ausbildungssystem wie in Deutschland gibt es dort ja nicht. In der Regel dauert es dann rund zwei Jahre, bis ein Großhandelsmarkt profitabel ist.

Ist Deutschland als Wachstumsmarkt für die Metro abgehakt?

Nein. Wir machen in Deutschland immer noch 55 Prozent unseres Umsatzes. Fast alle unsere Vertriebslinien zeigen, dass auch im Inland ein profitables Wachstum möglich ist. Wir brauchen einen starken Heimatmarkt, in dem das Know-how des Konzerns entstanden ist. Das tragen wir jetzt mit Erfolg ins Ausland.

Wie viel wird die Metro im laufenden Jahr investieren?

Wir haben im Jahr 2001 rund zwei Milliarden Euro investiert. Dieses Tempo wollen wir beibehalten. Der Schwerpunkt liegt auf der Expansion der Großhandelsmärkte und der Elektronikmärkte Media Markt/Saturn. Wir müssen aber auch in die bestehenden Märkte investieren. Als Faustregel gilt: Alle sieben bis zehn Jahre müssen sie die Märkte komplett erneuern.

Wie nutzt die Metro heute das einstige Wundermedium Internet?

Das Internet ist ein zusätzlicher Kommunikationskanal, über den man in begrenztem Umfang auch Waren verkaufen kann. Was viele vergessen haben: Die Bestellung am Bildschirm macht nur zehn Prozent der Prozesskette aus. Danach kommt Old Economy: Einkauf, Lager, Distribution, Geld kassieren. Das ist klassisches Versandgeschäft mit einem Katalog im Internet.

Und im Business-to-Business-Bereich?

Hier ist das Internet ein Tool, das zu erheblichen Effiziensteigerungen führt. Wir sind Mitglied des Internet-Marktplatzes Global Net Exchange, über den wir einen Teil unseres Einkaufes im Auktionsverfahren abwickeln. Im vergangenen Jahr haben wir 149 Auktionen mit einem Volumen von über 280 Millionen Dollar durchgeführt. Das brachte Kosteneinsparungen von fast zehn Prozent.

Herr Körber[seit Januar zahlen die Deutschen]

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