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Wirtschaft: Den kleinen Billigfliegern droht das Aus

Berater sagen Überkapazitäten auf dem Markt voraus – Scharfer Wettbewerb am Flughafen Köln/Bonn erwartet

Düsseldorf (ebe/HB). Nicht alle neu gegründeten Billigfluglinien werden überleben. Die Unternehmensberatung Cell Consulting rechnet in einer Studie für das Jahr 2007 mit Überkapazitäten von bis zu 30 Prozent. „Diese Überversorgung wird auf Flugpreise und Margen drücken und vor allem kleinere Anbieter mit weniger als 30 Flugzeugen gefährden", prophezeit CellBerater Thomas Tomkow. Er erwartet, dass manche Gesellschaft noch vor ihrem Erstflug die Segel streichen wird.

Erste Anzeichen für einen schnellen Ausleseprozess liefert der neue Anbieter Berlin Jet. Das Unternehmen, das seine Kunden für 44 Euro von Berlin nach Frankfurt fliegen will, leistete sich kürzlich die Peinlichkeit, Passagiere und Medienvertreter am Tag des Erstfluges wieder nach Hause zu schicken. Der Partner habe das bestellte Flugzeug nicht zur Verfügung gestellt, hieß es schlicht zur Begründung. Frühestens Ende nächster Woche könne der Flugbetrieb aufgenommen werden, ließ ein Mitarbeiter der Buchungs-Hotline gestern ausrichten.

Virgin Express, der Billig-Ableger des britischen Milliardärs Richard Branson, hat seine ehrgeizigen Pläne im deutschen Markt ebenfalls schon vor dem Start abgeblasen. Branson wollte sich nicht auf die starke Konkurrenz am Flughafen Köln/Bonn einlassen.

Dort starten mit Germanwings und Hapag-Lloyd Express zwei neue Billigfluganbieter, die von finanzkräftigen Konzernen unterstützt werden: Hapag-Lloyd Express, eine 100 Prozent-Tochter des weltgrößten Reisekonzerns TUI, wird am Mittwoch auf einer Pressekonferenz Details über Streckennetz und Tarife bekannt geben. Nach bisherigen Informationen will der TUI-Ableger ab Dezember innerdeutsche Strecken ab zehn Euro sowie Europaflüge ab 25 Euro plus Steuern und Gebühren anbieten.

Germanwings, über dessen Mutter Eurowings die Deutsche Lufthansa beteiligt ist, kommt der TUI-Konkurrenz zuvor: Schon ab nächsten Sonntag fliegt Germanwings zu Preisen ab 29 Euro täglich von Köln/Bonn aus in zehn europäische Metropolen. In Branchenkreisen wird deshalb erwartet, dass die TUI-Billiglinie nicht die direkte Konfrontation mit Germanwings suchen, sondern auf Strecken ausweichen wird, die der große Konkurrent nicht im Flugplan hat.

Zwar rechnet Cell Consulting damit, dass in fünf Jahren bereits 28 Prozent aller Kunden in Deutschland mit Billigfliegern reisen. Das Passagieraufkommen werde jedoch bei weitem nicht reichen, um allen Neustartern einen Platz im Markt zu geben. „Nur Gesellschaften mit einem starken Kapitalgeber im Rücken werden auf Dauer eine Chance haben", glaubt Hans Huff, Luftfahrtanalyst der Bankgesellschaft Berlin. Dazu zählt er lediglich Germanwings und Hapag-Lloyd Express sowie die etablierten Billigfluglinien Ryanair und Easyjet.

Vor allem am Standort Köln/Bonn ist ein harter Verdrängungswettbewerb programmiert. Neben Hapag-Lloyd Express und Germanwings fliegt auch die Deutsche BA, die sich seit April 2002 vom Business- zum Billigflieger wandelt, die Rheinmetropole an. Als Reaktion auf die Konkurrenz hat sie jüngst weitere Preissenkungen angekündigt.

Luftfahrtexperten sehen in derartigen Preisattacken schon Vorboten eines Reinigungsprozesses. „Die Preise fallen, weil zu viel Angebot im Markt ist, doch nicht alle sind in ihrer Kostenstruktur so schlank aufgestellt wie eine Ryanair", meint Unternehmensberater Tomkow. Er sieht deshalb vor allem unabhängige Chartercarrier wie Air Berlin, die ohne die entsprechende Kostenstruktur wegen der Tourismusflaute billig fliegen, in ihrer Existenz gefährdet.

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