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Wirtschaft: Der Aufschwung kommt – aber ganz langsam

Der Export bleibt trotz des starken Euros die Konjunkturstütze in Deutschland. Die Industrieproduktion sinkt

Berlin (dr). Vorsichtige Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Stabilisierung in Europa und Deutschland hegt der Bundesverband deutscher Banken (BdB). Der Vorsitzende des Wirtschafts und Währungsausschusses des Bundesverbandes und Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, sprach am Freitag bei der Vorlage des jüngsten Konjunkturberichtes von Chancen für ein Ende der Abwärtsspirale.

Von einem „Aufschwung“ zu sprechen sei aber falsch, schränkte Walter ein, allenfalls den Begriff „Erholung“ wolle er gelten lassen. So hat der BdB seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr für Deutschland von zuletzt einem Prozent auf 0,5 Prozent gesenkt. Immerhin sei die deutsche Wirtschaft besser in das laufende Jahr gestartet, als noch vor kurzem erwartet, sagte Walter.

Diese Einschätzung deckt sich mit den Zahlen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Freitag in Berlin vorlegte. Danach stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um rund 0,3 Prozent. Impulse kamen besonders aus dem verarbeitenden Gewerbe. Allerdings sank bereits im März die deutsche Industrieproduktion gegenüber dem Vormonat um 1,7 Prozent.

Die Indikatoren für das zweite Quartal seien schon nicht mehr so positiv, dämpfte Walter die Erwartungen. Erst in der zweiten Jahreshälfte rechnen die Volkswirte der privaten Banken mit einer „sehr schüchternen“ Besserung in Deutschland. Im kommenden Jahr könnte das Wirtschaftswachstum dann zwei Prozent erreichen. Doch Walter schränkte ein: „Relativiert wird diese erfreuliche Wachstumsziffer allerdings dadurch, dass davon etwa ein halber Prozentpunkt auf eine deutlich höhere Zahl von Arbeitstagen zurückzuführen sein wird.“ So bleibe auch das für 2004 prognostizierte Wachstum mit etwa 2,5 Prozent enttäuschend.

Kaum eine Besserung sehen die Banken am deutschen Arbeitsmarkt. Eine Zahl von 4,5 Millionen Arbeitslosen werde sich im laufenden Jahr wohl nicht vermeiden lassen. Im Unterschied zum Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute sehen die Banken die Entwicklung im kommenden Jahr etwas positiver: Die Arbeitslosenzahl könnte auf 4,4 Millionen sinken.

Gefährdet werden könnte die wirtschaftliche Erholung durch die Entwicklung des Dollarkurses. Hier konnten sich die Mitglieder des Wirtschafts- und Währungsausschusses nicht auf eine gemeinsame Prognose festlegen. Walter erwartet einen Eurokurs von 1,15 Dollar je Euro zum Jahresende und von 1,20 Dollar Mitte kommenden Jahres. Kollegen sehen einen etwas stärkeren Dollar und Kurse von 1,10 Dollar je Euro.

Hoffnungen setzen die Volkswirte der Banken dennoch auf den Export. Deutsche Unternehmen würden im Euro-Raum immer wettbewerbsfähiger, sagte Walter. Insgesamt kletterten der deutsche Export von Januar bis März dieses Jahres gegenüber dem ersten Quartal 2002 um 4,4 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Um 6,6 Prozent und damit am stärksten stiegen die Ausfuhren in die EU. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum Waren im Wert von 169,2 Milliarden Euro ausgeführt.

Die vom Bundeskanzler angekündigte Agenda 2010 bezeichnete Walter als „sehr nützlich“, sie könne aber erst der Anfang sein. Notwendig seien weitere Ausgabenkürzungen und mehr obligatorische private Eigenvorsorge. „Dies ist die Zeit für Rürup und nicht für Sommer“, hielt Walter der Kritik des DGB entgegen. „Die Wahrscheinlichkeit für wirtschaftspolitische Korrekturen ist sehr groß und sie könnte noch ein bisschen größer sein, wenn die Opposition etwas regierungsfähiger wäre“, sagte Walter.

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