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Wirtschaft: Der Aufschwung kommt – wahrscheinlich

Der Ifo-Geschäftsklimaindex steigt zum dritten Mal in Folge, dochVolkswirte sehen noch keine Trendwende

Berlin (mot). Die Chancen für einen Aufschwung verbessern sich. Zum dritten Mal in Folge ist der IfoGeschäftsklimaindex gestiegen und damit die Wahrscheinlichkeit für eine Trendwende in Deutschland. Die Bundesregierung wertete den Anstieg des am Montag veröffentlichten Ifo-Index als „positives Signal“ für die wirtschaftliche Entwicklung. Ökonomen warnten allerdings vor zu viel Optimismus: Die Erwartungen müssten nun von Fakten bestätigt werden. Der Aktienmarkt reagierte mit Kursgewinnen. Der Dax stieg bis zum Abend um 1,8 Prozent auf 3417 Punkte.

Der vom Münchner Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklimaindex kletterte in Westdeutschland von 88,8 im Juni auf 89,2 im laufenden Monat. „Nach den bisherigen Erfahrungen deutet ein dreimaliger Anstieg in Folge auf eine bevorstehende konjunkturelle Belebung hin“, kommentierte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn die Zahlen. In Ostdeutschland sei das Stimmungsbild noch besser als in den alten Bundesländern ausgefallen. Dort kletterte der Index deutlich von 102,1 Punkten auf 103,1 Punkte.

Regierung und Industrie werteten die Ergebnisse positiv. „Manches deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft die Talsohle erreicht hat. Offenbar kehrt wieder Zuversicht ein“, sagte Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie. Angesichts der mageren Vorgaben für das erste Halbjahr 2003 und der dürftigen Auftragslage in der Industrie werde sich eine Trendwende 2003 aber nur andeuten. „Was jetzt dringend ist, um diese Stimmungsverbesserung in eine stabile Wachstumsentwicklung umzusetzen, ist das Vorziehen der Steuerentlastung“, sagte ein Regierungssprecher.

Der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA) hob wegen der besseren Wachstumserwartungen vor allem in den USA seine Exportprognose für dieses Jahr an. „Statt einer Steigerung um drei Prozent rechnen wir nun mit einem Anstieg um 3,5 Prozent“, sagte BGA-Präsident Anton Börner dem Handelsblatt. In den kommenden Tagen werden in den USA wichtige Konjunkturindikatoren wie der Index zum Verbrauchervertrauen, die erste Schätzung für das US-Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal sowie Arbeitsmarktdaten veröffentlicht.

Die insgesamt positiven Aussichten, die der Ifo-Index für die deutsche Wirtschaft wiedergibt, wurden am Montag allerdings getrübt. So hatten viele Experten mit einem noch stärkeren Anstieg des Index gerechnet. Andere Indikatoren wie das Konjunkturbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung waren zuletzt deutlicher gestiegen. Zudem beurteilen die Unternehmen, die das Ifo-Institut befragte, ihre aktuelle Geschäftslage wieder schlechter als im Juni. Ifo-Volkswirt Jan-Egbert Sturm mahnte daher zur Vorsicht, auch wenn er eine wirtschaftliche Erholung für sehr wahrscheinlich hält. Sinn wies ebenfalls einschränkend darauf hin, dass sich die Besserung nur auf die kommenden sechs Monate beziehe und das Bauhauptgewerbe davon ausgenommen sei.

Gegenwärtig kann von einem Stimmungsumschwung in den Unternehmen noch nicht die Rede sein. Diese Diskrepanz von positiven Erwartungen und einer negativen Einschätzung der Gegenwart bereitet Ökonomen Sorge. Im Frühjahr 2002 hatte sich diese Schere ebenfalls geöffnet und nach drei Anstiegen zu einem Rückfall des Ifo-Index geführt. „Dieses Fehlsignal steckt uns noch in den Knochen“, sagte Ulrich Hombrecher, Chef-Volkswirt der WestLB, dem Tagesspiegel. Die Erwartungen der Firmen hätten sich auch im Juli 2003 wieder von der Realität entfernt. Hombrechers Fazit nach den aktuellen Ifo-Zahlen: „Erholung ja – aber noch kein Aufschwung.“ Angesichts des wieder schwächeren Euro, der vorgezogenen Steuerreform und der jüngsten Zinssenkung sei der Ausblick der Firmen überraschend vorsichtig ausgefallen. „Das hat uns nicht vom Hocker gehauen“, so der Volkswirt.

An den Finanzmärkten überwog am Montag indes der Optimismus. Börsianer bewerteten die Erwartungen der Unternehmen höher als die pessimistische Lagebeurteilung. Werden Ertragsentwicklung und Absatzperspektiven im Jahresverlauf wieder positiv eingeschätzt, steigen die Chancen für Investitionen. „Auf den zweiten Blick ist der geringer als erwartete Anstieg des Index trotzdem als Signal für eine Aufhellung der Konjunktur verstanden worden“, erklärte ein Rentenhändler die Kursverluste der Festverzinslichen, denen stabile Gewinne bei den Aktien gegenüberstanden.

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