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Arbeitsmarkt: Der beste Mai seit 1993

Die Arbeitslosenqote sinkt auf 7,7 Prozent. Die Politik und die Bundesagentur für Arbeit warnen vor Euphorie.

Berlin - Die Statistiken auf den Power-Point-Projektionen hinter FrankJürgen Weise waren beeindruckend. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA) wollte sich allerdings nicht so recht davon anstecken lassen, als er am Dienstag in Nürnberg die aktuellen Arbeitslosenzahlen präsentierte. Die sind im Mai erneut gesunken – auf jetzt 3,24 Millionen. Gegenüber dem April ist das ein Minus von 165 000, gegenüber dem Vorjahr sogar von 217 000. Das entspricht einem Rückgang um 0,4 Prozentpunkte auf 7,7 Prozent und damit dem niedrigsten Stand in einem Mai seit 1993. Selbst unter Herausrechnung von saisonabhängigen Schwankungen gab es im Mai 45 000 Jobsuchende weniger.

Manch einer würde angesichts der abklingenden Wirtschaftskrise und solcher Zahlen jubeln. Weise aber bleibt vorsichtig. „Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist besser als befürchtet, sie ist aber weiter unsicher“, erklärte er. Es gebe Risiken, die die aktuellen Erfolge rasch zunichtemachen könnten. Zum Beispiel die Finanzprobleme einiger Euroländer und das Ende von Konjunkturprogrammen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es doch schlechter kommt“, sagte Weise.

Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte am Dienstag vor einer Überschätzung der Entwicklung. „Die stabile Arbeitsmarktlage ist kein Selbstläufer“, sagte sie. Es gebe für die Unternehmen nach wie vor viele Unsicherheiten in der Auftragslage – europaweit und global. Deshalb wolle sie zunächst auch nicht ihre Prognose von 3,7 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt korrigieren. Dazu bestehe immer noch die Möglichkeit, sollte sich der positive Trend bestätigen.

Als Hauptgrund für die Tatsache, dass der deutsche Arbeitsmarkt vergleichsweise wenig unter der Krise leidet, wurde neben dem Frühjahrsaufschwung erneut auf die großflächig angewandte Kurzarbeit verwiesen. Auch in der Region Berlin-Brandenburg, wo die BA-Regionalchefin Margit Haupt-Koopmann einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Mai gegenüber dem Vormonat um rund 17 500 auf gut 381 000 Menschen verkünden konnte – der größte seit der Wiedervereinigung.

Positiven Einfluss auf die Arbeitslosenzahlen könnte mittelfristig allerdings der schwache Euro haben. „Wenn der Kurs bleibt, wo er ist, stärkt das die deutsche Exportwirtschaft, weil deutsche Produkte billiger werden“, sagt Viktor Steiner, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaft in Berlin. Dass die Zahl der Arbeitslosen heute deutlich unter vier Millionen liegt, habe allerdings auch mit einer Veränderung des Arbeitsmarktes zu tun: „Es gibt heute deutlich mehr Beschäftigungsverhältnisse mit niedrigen Löhnen, in denen viele Menschen unterkommen, die keine gute Ausbildung haben.“

Parallel sagte eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung einen dramatischen Mangel junger Menschen für den deutschen Arbeitsmarkt voraus. Demnach wird der demografische Wandel den Arbeitsmarkt tiefgreifender verändern als angenommen. Mit Ausnahme von Brandenburg und Berlin wird sich im Osten Deutschlands die Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen bis 2015 nahezu halbieren. Während die Zahl der 45- bis 64-Jährigen von 2006 bis 2025 um 3,7 Millionen zunimmt, wird sich die Zahl der jüngeren Erwerbstätigen von 25 bis 44 Jahren in diesem Zeitraum um 1,4 Millionen verringern. „Für die Unternehmen wird es zunehmend schwierig werden, Arbeitskräfte zu gewinnen“, befürchten die Experten.

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