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Wirtschaft: „Der Eisbrecher im Kalten Krieg“

Klaus Mangold, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, über die Geschäfte in Osteuropa

Herr Mangold, was würde heute fehlen, wenn es in den vergangenen 50 Jahren den OstAusschuss nicht gegeben hätte?

Wir hätten deutlich schlechtere wirtschaftliche Beziehungen mit einer Vielzahl von Ländern. Wir hätten weniger Wohlstand im Osten, aber auch weniger Wohlstand und Arbeitsplätze bei uns. Es ist das ganz große Verdienst insbesondere von Otto Wolff von Amerongen, mit dem Ost-Ausschuss den deutschen Unternehmen den Weg gen Osten erleichtert zu haben.

Welche Rolle hat der Ausschuss für Willy Brandts Ostpolitik gespielt?

Der Ausschuss hatte immer die Hand am Puls der Politiker – auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Und in den Zeiten des Kalten Krieges hat der Ost-Ausschuss in gewisser Weise auch als Eisbrecher fungiert.

Wie liefen die Geschäfte damals ab?

Der Ost-Ausschuss war als Vertragspartner an vielen Geschäften beteiligt, das betraf insbesondere Projekte aus der Eisen- und Stahlindustrie. Die Rahmenbedingungen und damit die Regelungskompetenz des Ost-Ausschusses haben sich natürlich stark verändert. Vor 1990 waren Politfunktionäre unsere Partner, seitdem haben die Wirtschaftsvertreter in den mittel- und osteuropäischen Ländern deutlich mehr Gewicht bekommen.

Erleichtert das die Geschäfte?

Unsere Rolle wird noch wichtiger, weil wir es mit einer stark wachsenden Privatwirtschaft zu tun haben. Der Beratungsbedarf wird vielfältiger, und der Ost-Ausschuss versteht sich zunehmend als Dienstleister auch für einzelne Mitgliedsfirmen. Wir haben uns deshalb vor zwei Jahren eine neue Strategie und Struktur gegeben und verfolgen einen sehr regionenspezifischen Ansatz. Die Länder des Baltikums zum Beispiel müssen anders betreut werden als die Zentralasiens.

Rund zwölf Prozent des deutschen Außenhandels werden heute mit Mittel- und Osteuropa abgewickelt. Ist das viel oder wenig?

Das ist zunächst einmal sehr wichtig für uns und übetrifft inzwischen unsere Exporte in die USA. Der Ostanteil am deutschen Außenhandel wird dabei weiter steigen, und es bieten sich noch viele Chancen.

Wie laufen die Geschäfte mit Russland?

Es gibt Unternehmen, die dort exzellente Gewinne erwirtschaften. Was häufig stört, ist die schwerfällige Bürokratie. Aber wir arbeiten daran: Der Ost-Ausschuss ist in den strategischen Arbeitsgruppen von Russland und Deutschland vertreten. Das russische Leasing-Gesetz trägt zum Beispiel die Handschrift des Ost-Ausschusses.

Also ist Russland auf gutem Wege?

Das Land befindet sich nach wie vor in einem Findungsprozess. In der Regierung ist guter Wille spürbar, aber auf Grund der Bürokratie gibt es reichlich Barrieren und Hürden. Aber die gibt es woanders auch.

Sind die deutschen Unternehmen noch immer die bevorzugten Partner der Russen?

Im Prinzip ja. Aber seit gut einem Jahr beschäftigt sich die US-Wirtschaft sehr stark mit Russland, vor allem im Energiesektor. Wir müssen stark aufpassen, dass uns da nicht die Butter vom Brot genommen wird.

Wie weit ist der Transformationsprozess in Osteuropa insgesamt vorangekommen?

Die meisten Länder sind viel weiter, als wir das von Deutschland aus wahrnehmen. Es gibt ganz gewaltige Fortschritte, weil der Re formwille enorm ist.

Welche Aufgaben werden den Ost-Ausschuss in den kommenden Jahren prägen?

Wir müssen uns als Dienstleister für die Unternehmen profilieren. Zweitens werden wir uns bei den großen, strategischen Energiefragen engagieren. Die Position in den Konsumgütermärkten ist auszubauen, und schließlich werden wir uns auch weiter in der Politikberatung betätigen. Die Leistungen des Ost-Ausschusses werden in der Zukunft also noch stärker beansprucht werden.

Das Gespräch führte Alfons Frese.

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