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Wirtschaft: Der Fiskus bremst ab

Verluste aus privaten Autogeschäften muss das Finanzamt anerkennen

Im Gegensatz zu betrieblichen Vermögen sind Gewinne und Verluste im privaten Bereich nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Thema für die Steuer. So sehr man es begrüßen mag, wenn derzeit zum Beispiel Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren steuerlich nicht zu erfassen sind, so sehr mag man dann auch bedauern, wenn entsprechende Verluste nicht gewürdigt werden.

Die Börsenentwicklungen der letzten Jahre haben zumindest den Wertpapierbesitzern die Problematik verdeutlicht: Wurden Wertpapiere wie Aktien und Investmentanteile innerhalb eines Jahres ge- und wieder verkauft, war das entsprechende Ergebnis in die „Anlage SO“ der jährlichen Einkommensteuererklärung zu übernehmen. Eine Steuerlast entstand dann nur, wenn das Gesamtergebnis die Freigrenze von 512 Euro überstieg.

Nach dem Gesetzeswortlaut sind jedoch alle Veräußerungsgeschäfte „bei anderen Wirtschaftsgütern (im Gegensatz zu Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten), insbesondere bei Wertpapieren“, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt, als sogenannte Spekulationsgeschäfte (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG) steuerlich zu erfassen.

Spekulationsgeschäfte beschränken sich also nicht nur auf Wertpapiere. Was nun genau unter den Begriff „andere Wirtschaftsgüter“ fällt, hat ein Steuerpflichtiger aus Hessen höchstrichterlich prüfen lassen. Er hatte 2001 ein gebrauchtes BMW-Cabrio gekauft und noch im selben Jahr mit 4700 DM Verlust wieder verkauft. Das Finanzamt erkannte diesen Verlust aber nicht an und begründete dies damit, dass es sich bei dem Kfz nicht um ein „anderes Wirtschaftsgut“ handele, sondern um einen Gegenstand des täglichen Gebrauchs, bei dem Wertsteigerungen ausgeschlossen seien. Dieser Ansicht ist das oberste deutsche Finanzgericht – der Bundesfinanzhof – aber nicht gefolgt und hat mit Urteil vom 22.04.2008 (Az. IX R 29/06) ausführlich dargelegt, dass auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs unter die Definition „andere Wirtschaftsgüter“ fallen. Zwar gibt es bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten eine Ausnahmeregelung für das selbst genutzte Wohneigentum im Rahmen der Spekulationsbesteuerung – dies lässt sich aber keinesfalls im Wege der Auslegung auf die „anderen Wirtschaftsgüter“ übertragen, so dass selbst genutzte Gegenstände – Gegenstände des täglichen Gebrauchs – von vornherein bei den „anderen Wirtschaftsgütern“ ausgeschlossen wären. Besonders deutlich wird dies nach der Neufassung des § 23 EStG durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, bei dem die Wertpapiere nun ausdrücklich aus dieser Norm herausgenommen wurden; der Wortlaut ist aber ansonsten unverändert. Zuvor gab es auch schon einmal Versuche, den Begriff der „anderen Wirtschaftsgüter“ zu definieren und dabei explizit die Gegenstände des täglichen Gebrauchs herauszunehmen – die Entwürfe wurden jedoch nie realisiert.

Für alle Steuerpflichtigen bedeutet dieses Urteil nun, dass sie zukünftig auch Verluste aus dem An- und Verkauf von Gebrauchsgegenständen dem Finanzamt gegenüber erklären und feststellen lassen können. Unbestritten ist dies bisher für Schmuck, Gemälde, Briefmarken, Münzen usw. Dies sind auch keine „klassischen“ Gebrauchsgegenstände. Auch ein Oldtimer, Antiquitäten und der Pelzmantel wären dieser Kategorie zuzuordnen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes müssten nun auch Motorräder, -roller, Möbel usw. darunterfallen. Eine Grenze ist wohl dort zu erwarten, wo es sich um Gebrauchsgegenstände handelt, die entweder einem schnellen Verbrauch und/oder einem besonderen modischen bzw. technischen Wandel unterliegen. Hier sind allerdings die Reaktionen der Finanzverwaltung auf dieses Urteil abzuwarten.

Die erzielten Verluste kürzen allerdings nicht andere positive Einkünfte, zum Beispiel Arbeits-, Kapital- oder Vermietungseinkünfte desselben Jahres, sondern werden nur mit Gewinnen aus weiteren Spekulationsgeschäften verrechnet. Sollten die Verluste die Gewinne übersteigen, werden sie entweder ein Jahr zurück oder – auf die nächsten Jahre – vorgetragen und schmälern die dann erzielten Spekulationsgewinne.

Praktische Relevanz kann die Feststellung der Verluste aus Spekulationsgeschäften mit Gebrauchsgegenständen danach wohl nur entfalten, wenn auch entsprechende Gewinne erzielt und gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Schließlich bleiben die Spekulationsgewinne steuerfrei, die insgesamt pro Jahr weniger als 600 Euro betragen.

Hat ein Steuerpflichtiger beispielsweise einen Spekulationsgewinn aus Wertpapieran- und -verkäufen erzielt, kann er diesen Gewinn mit einem im selben Jahr erzielten Verlust aus der Veräußerung eines Gebrauchsgegenstandes verrechnen, wenn er die Freigrenze von 599 Euro einhält, und diesen Betrag dann steuerfrei vereinnahmen. Wurde der Verlust aus dem Verkauf des Gebrauchsgegenstands im Vorjahr erzielt und vom Finanzamt gesondert festgestellt, kann er über den Verlustvortrag mit dem Wertpapiergewinn des aktuellen Jahres wieder verrechnet werden.

Wichtig für den Steuerpflichtigen ist auf jeden Fall, dass die Gewinne und Verluste aus vorgelegten Belegen nachvollziehbar sind. Insbesondere bei An- und Verkäufen im Familien- bzw. Bekanntenkreis ist mit Nachfragen des Finanzamtes respektive mit erhöhten Nachweisforderungen zu rechnen.

Diplom-Betriebswirtin Gabriele Visscher ist Steuerberaterin in Korschenbroich/Landkreis Neuss.

Gabriele Visscher

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