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Wirtschaft: „Der klassische Dreiwochentrip hat sich überlebt“ Freizeitforscher Horst Opaschowski über das neue Reisen

Herr Opaschowski, ist bei den Deutschen seit dem 11. September Sicherheit statt Sonne das Motto?

Herr Opaschowski, ist bei den Deutschen seit dem 11. September Sicherheit statt Sonne das Motto?

Ja, die Flugangst und die Unsicherheit haben sicherlich dazu beigetragen, dass die Deutschen kürzer, weniger und billiger verreisen. Allerdings haben die Terroranschläge diesen Trend nur verstärkt. Schon seit rund 15 Monaten verzichten viele Deutsche auf den dreiwöchigen Mallorca-Urlaub. Schuld daran ist ebenso die Konjunkturflaute, die schon vor dem 11. September anfing, und die Euro-Umstellung. Hier kann man von einer noch nie dagewesenen Dreifachkrise sprechen, bei der sich das erste Mal Psychologie und Ökonomie verbinden. Auch ohne den 11. September hätte es 2002 keine Supersaison gegeben.

Wo machen die Leute denn jetzt Urlaub?

Die Deutschen steuern mehr Nahziele an, wie die Schweiz, Österreich, Italien, oder Skandinavien, wo man mit dem Auto noch hinkommt. Und natürlich gibt es auch mehr Inlandstourismus. Deutschland steht wieder mehr im Mittelpunkt.

Eine Chance für die deutsche Touristikbranche?

Schon, aber um richtig zu profitieren, muss sich Deutschland auch umstellen. Bisher hatte das Land ja das Image kalt, teuer und erlebnisarm zu sein. Und die derzeitige Krise ist eine Chance für den Inlandstourismus, verlorenes Terrain wieder gutzumachen. Aber dafür muss man auch etwas tun. So dass man die Seele auch in Deutschland baumeln lassen kann. Ob bei Karl May in Bad Segeberg oder Wellness im Relax-Hotel.

Verreist man auch kürzer?

Ja, den Trend gibt es auch schon länger. Das Geld wird schließlich knapp. Bei den Ostdeutschen ging das los. Ganz verzichten aufs Reisen wollte man nicht, also beschränkte man sich auf Kurztrips. Auch die Ausgaben vor Ort werden eingeschränkt – so wie Exkursionen oder Essen gehen. Schon vor Urlaubsbeginn fängt das Sparen an: der alte Reisekoffer reicht dann. Die klassische Dreiwochenreise hat sich eigentlich überlebt.

Und die Touristikkonzerne leiden?

Im Moment findet da die große Ernüchterung statt – eine erfolgsverwöhnte Branche muss mit Einbußen statt mit Wachstumsraten leben lernen. Noch versuchen die Touristikanbieter, an alten Konventionen festzuhalten – also Reisen von acht oder 14 Tagen zu verkaufen. Obwohl sie der Spontanität Rechnung tragen. Nach Mallorca kann man ja drei Mal täglich fliegen.

Was müssen sie denn tun, um sich an den neuen Trend anzupassen?

Vor allem müssen sie flexibler werden, und sie müssen auf den Preis achten. Wichtig ist auch, dass sie reinen Wein einschenken. Die Zeiten, wo man die heile Welt verkaufen konnte , sind vorbei. Reisen bedeutet Risiko.

Und das muss auch klar und deutlich gesagt werden.

Werden sich die Auslandsziele ändern?

Nein. Nummer eins ist und bleibt für die Deutschen Spanien. Denn dort gibt es alles, was das deutsche Urlauberherz begehrt: Sonne, Exotik, Fremdsprache – relativ nah und zu verhältnismäßig günstigen Preisen.

Das Gespräch führte Flora Wisdorff.

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