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Wirtschaft: Der Osten fällt weiter zurück

Hallenser Wirtschaftsforscher: Konjunktur stagniert, Lage auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert sich

Berlin – Die ostdeutsche Wirtschaft ist gegenüber dem Westen zurückgefallen und wird auch in diesem und im kommenden Jahr nicht die Wachstumsraten in den westlichen Bundesländern erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer am Dienstag vorgelegten Analyse der ostdeutschen Wirtschaft. „Auch im Jahr 2007 wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nochmals verschlechtern“, schreibt das IWH.

Die negative Entwicklung im vergangenen Jahr wird vor allem mit der weiter andauernden Krise der Bauwirtschaft und dem rückläufigen Staatssektor erklärt. Während die deutsche Wirtschaft insgesamt 2005 in Schwung kam, stagnierte sie im Osten bestenfalls. „Ersten Berechnungen zufolge sank das Bruttoinlandsprodukt sogar leicht“, heißt es in dem IWH-Bericht.

Im Baugewerbe sei die Wertschöpfung im vergangenen Jahr sogar „um reichlich neun Prozent“ zurückgegangen. Ohne die seit vielen Jahren schrumpfende Bauwirtschaft hätte die Wertschöpfung der Unternehmen insgesamt allerdings 1,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahres gelegen. Maßgeblich dafür ist wiederum die Industrie. „Im Sog der kräftigen Nachfrage nach Industriegütern aus dem Ausland, aber auch über die Lieferbeziehungen zu Unternehmen in den alten Bundesländern expandierte die Wertschöpfung um sechs Prozent und damit so stark wie (in der Industrie) im Westen.“

Trotzdem sank auch in diesem Wirtschaftsbereich die Zahl der Beschäftigten, so dass sich insgesamt der Arbeitsplatzabbau fortsetzte. Dass die registrierte Arbeitslosigkeit trotzdem zurückging, hat „vor allem demografische Gründe“. Die Einwohnerzahl in den ostdeutschen Bundesländern schrumpft unverändert – und damit auch die Nachfrage nach Arbeit. Allerdings besteht noch immer ein so genannter Angebotsüberhang an Arbeitskräften, „der auf eine Reserve von derzeit zwei Millionen Beschäftigten hinweist. Von den 8,2 Millionen Erwerbspersonen im Osten hatten 2005 nur sechs Millionen einen Arbeitsplatz am ersten oder zweiten Arbeitsmarkt.“ Entsprechend werde das ostdeutsche Arbeitskräftepotenzial nur zu drei Vierteln ausgeschöpft, im Westen dagegen zu 87 Prozent, schreibt das IWH.

Der Staat bleibt mit Fördermaßnahmen ein wichtiger Akteur auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt, obwohl die klassischen Förderungen wie ABM weiter reduziert wurden. Zwar halbierte sich gegenüber dem Vorjahr die Zahl der geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Gleichzeitig wurden aber im Jahresdurchschnitt „ca. 90 000 staatlich subventionierte Arbeitsgelegenheiten (Zusatzjobs bzw. Ein-Euro-Jobs) angeboten“. Vor allem, so das IWH, sei auch die „Ausweitung selbstständiger Arbeit“ stark durch staatliche Förderprogramme geprägt. Auf der anderen Seite nahm die Zahl der Selbstständigen, die nicht durch Förderinstrumente wie Ich-AG, Überbrückungs- oder Einstiegsgeld unterstützt wurden, „sogar um 10 000 Personen ab“.

Nicht so stark wie der Westen profitiert der Osten vom Exportwachstum. Doch auch hier erwarten die Wissenschaftler „weitere Zuwächse der Warenausfuhr“. Dagegen „bleiben Impulse aus der Region für die Belebung der Produktion schwach“. Das hängt mit der „Schwäche der Fundamentalfaktoren“ zusammen: „Eine Wende am Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht, die Einkommensperspektiven hellen sich nicht auf. Die Einwohnerzahl schrumpft weiter und damit auch der Kreis der Nachfrage.“ Besserung ist auch im kommenden Jahr kaum zu erwarten, da die „restriktive Finanzpolitik“ der öffentlichen Hand die Nachfrage weiter schwäche.

Positiv immerhin erwähnten die Wissenschaftler die Position ostdeutscher Unternehmen im Kostenwettbewerb. Da die Arbeitskosten „deutlich“ hinter dem Produktivitätszuwachs zurückgeblieben seien, „bleiben die Lohnstückkosten im Schnitt unter dem westdeutschen Niveau“. Deshalb seien „von dieser Seite die Aussichten für die Rückkehr der ostdeutschen Wirtschaft auf den Wachstumspfad günstig“, schreibt das IWH.

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