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Der Schatten des Windes: Die wirtschaftlichen Folgen von "Sandy"

Viele Innenstädte waren menschenleer: verriegelte Fabriken und Geschäfte, stillstehende Busse und U-Bahnen, geschlossene Restaurants. Wie groß ist der wirtschaftliche Schaden?

„Sandy“ hat an der Ostküste gewütet und Milliardenschäden hinterlassen. Ersten Schätzungen zufolge könnte sich der Hurrikan mit Schäden in Höhe von etwa 20 Milliarden Dollar – etwa 15,5 Milliarden Euro – zu einer der teuersten Naturkatastrophen in den USA entwickeln. Auch am Dienstag fielen tausende Flüge aus, darunter Verbindungen von und nach Deutschland. Die Börse an der Wall Street blieb geschlossen, die New Yorker U-Bahn fuhr nicht, Millionen waren ohne Strom. Und der Sturm zieht weiter.

Ist Sandy so zerstörerisch wie befürchtet?

Noch wollen die Versicherer keine genauen Schätzungen abgeben. „Sandy ist zwar nicht so stark wie viele andere Hurrikans, aber wesentlich größer“, sagt Markus Stowasser, Meteorologe bei der Allianz Re. „Und im Gegensatz zu anderen Wirbelstürmen der Region wird dieser nicht in Richtung Meer abziehen, sondern über dem Land bleiben, erst Richtung Westen und dann nach Norden ziehen.“

Bisher dürften die größten Schäden im öffentlichen Sektor angefallen sein durch überschwemmte Tunnel und U-Bahn-Stationen. Momentan haben zum Beispiel im Bundesstaat New York 1,9 Millionen Einwohner keinen Strom. Mit einer schnellen Wiederherstellung der Stromversorgung sei auch nicht zu rechnen, heißt es. Das betrifft natürlich auch Unternehmen, viele können die Produktion nicht wieder aufnehmen.

„Tage oder gar Wochen“ werde es dauern, bis eine verlässliche Schätzung der Schäden möglich ist, hieß es am Dienstag beim weltgrößten Rückversicherer, der Munich Re. Auch bei der Hannover Rück, weltweit die Nummer drei der Rückversicherungsbranche, und bei Europas größtem Versicherungskonzern, der Allianz, lässt man sich derzeit noch auf keinerlei Prognosen ein. Dagegen preschte am Dienstag der auf Risikoanalysen spezialisierte Versicherungsdienstleister Eqecat mit einer ersten Schadensschätzung vor: Auf etwa 15,5 Milliarden Euro schätzt das US-Unternehmen den volkswirtschaftlichen Schaden, davon müssten die Versicherer fünf bis zehn Milliarden Dollar tragen.

Die Versicherungsbranche könnte das verkraften. Denn „Sandy“ wäre damit für die Versicherer deutlich billiger als „Katrina“, der Hurrikan, der vor sieben Jahren New Orleans verwüstet und dabei Schäden in Höhe von 125 Milliarden Dollar angerichtet hatte. Rund die Hälfte davon musste die Assekuranz bezahlen.

Nach jetzigem Stand dürfte sich „Sandy“ in etwa auf dem Niveau ihrer Vorgängerin „Irene“ bewegen, die im August vergangenen Jahres über New York hinweggefegt war. Der Sturm hatte damals Schäden in Höhe von rund 15 Milliarden Dollar hinterlassen, 5,5 Milliarden Dollar davon musste die Versicherungsbranche tragen. Auch dieses Mal könnten die Versicherer glimpflich davonkommen: Denn ein Großteil der Schäden dürfte auf Überflutungen entfallen. Gegen diese sind private Hausbesitzer in den USA nicht bei einer privaten Versicherung abgesichert, sondern über einen staatlichen Pool.

Durch mögliche Wiederaufbaumaßnahmen könnte auch die US-Wirtschaft längerfristig gesehen vom Sturm profitieren. Denn die Sturmschäden etwa an Gebäuden, Straßen, Flughäfen oder Stromleitungen müssen wieder beseitigt werden.

Wie sicher sind die Atomkraftwerke?

Was bewirkt eine geschlossene Börse?

Den zweiten Tag hintereinander fehlte den Finanzmärkten und vor allem den Aktienbörsen der stärkste Antrieb: Die weltgrößte Börse an der Wall Street in New York blieb auch am Dienstag wegen des Wirbelsturms „Sandy“ geschlossen. Trotzdem reagierten Börsianer in Frankfurt gelassen. „Die Uhr ist eben für zwei Tage angehalten. Die Umsätze, die fehlen, sind letztlich nur aufgeschoben“, sagte Oliver Roth vom Handelshaus CloseBrothersSeydler. Tatsächlich lief der Aktienhandel auch am Dienstag in Frankfurt normal.

Gleichwohl fehlten dem Handel in Frankfurt wie an anderen Börsen in Tokio, London oder Paris am Montag und Dienstag wichtige Impulse aus New York und letztlich Umsätze, die die Kassen der jeweiligen Börsenbetreiber füllen. Zuletzt war die Börse an der Wall Street vor 27 Jahren wegen eines Sturms geschlossen worden, 1996 war wegen eines Wintersturms der Handel vorzeitig beendet worden. Zum bisher letzten Mal wurde am 11. September und in den Tagen danach an der Wall Street nicht gehandelt. „New York ist eben die Leitbörse und deshalb sehr wichtig“, sagt Helmer.

Wie sicher sind die amerikanischen Atomkraftwerke?

Im Atomkraftwerk Oyster Creek in New Jersey ließen Flutwellen und heftiger Regen den Pegel im Kühlwasser-Reservoir des Meilers ansteigen und lösten ein Alarmsignal aus. Das Kraftwerk war zuvor planmäßig und ohne Zusammenhang mit dem Unwetter abgeschaltet worden. Oyster Creek ist das älteste Atomkraftwerk, das in den USA noch am Netz ist. Eine Gefahr für die Sicherheit habe nicht bestanden, teilte die US-Atomaufsichtsbehörde NRC mit. Der Atomexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Heinz Smital, beschreibt die Situation des Atomkraftwerks Oyster Creek im US-Bundesstaat New Jersey hingegen als „ernst“. „Eine unmittelbare Katastrophe steht aber nicht bevor“, sagte Smital.

Zwei weitere US-Atomreaktoren sind nach dem Sturm abgeschaltet worden. Bei einem Reaktor in Hancocks Bridge in New Jersey seien vier der sechs Wasserkreislaufpumpen ausgefallen, sagte der Betreiberkonzern PSEG. 50 Kilometer nördlich von New York wurde wegen Stromproblemen ein Reaktor des Atomkraftwerks Indian Point heruntergefahren, wie die Betreiberfirma Entergy mitteilte. Es bestehe „keine Gefahr für die Öffentlichkeit“.

Smital warf den US-Behörden vor, zu spät gehandelt zu haben. Da mit einem Stromausfall hätte gerechnet werden können, hätte man die Akws früher abschalten können, kritisierte Smital. Nun müssten die amerikanischen Behörden dafür sorgen, dass die Stromversorgung konstant bleibe. (mit AFP/dapd/elsi)

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