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Wirtschaft: Der westliche Touch

Asiens Popstars drängen auf die Musikmärkte in Europa und den USA – bisher mit wenig Erfolg

Von Christopher Lawton In einem Meer von Lichterblitzen warten die jungen Fans vor einem neonbeleuchteten Kaufhaus im Tokioter Bezirk Shibuya auf den Auftritt des thailändischen Stars Tata Young. „Was gibt’s, Japan?“, ruft sie in Englisch der Menge Japaner zu. Dann startet die langhaarige Diva, in ein glänzendes lilafarbenes Kleid gezwängt, mit „Sexy, Naughty, Bitchy“, dem Titelsong ihres neuen englischsprachigen Albums, und schreit heraus: „Can’t change the way I am, sexy, naughty, bitchy me“ – ich bleibe, was ich bin – sexy, frech, zickig.

Morlya Wataru, ein flotter 23jähriger Friseur in der Menge, trägt weiße Halbschuhe, zwei Gürtel und Sonnenbrille. Er hat die neue CD von Tata Young bei sich, findet ihre Musik „cool“ und sagt, er habe Tata bereits in Werbespots gesehen: „Ich dachte, die kommt hier in Japan an.“

Die Plattenfirmen ziehen eine wachsende Zahl mehrsprachiger asiatischer Popsänger für den weltweiten Durchbruch heran. Die 24-jährige Tata Young wurde von der Sony BMG, einem Gemeinschaftsunternehmen von Sony und Bertelsmann, unter Vertrag genommen. Andere Künstler, die um einen Platz im Rampenlicht kämpfen, sind die Baby Vox, eine asiatische Version der Spice Girls, der japanische Star Hikaru Utada und der Britney-Spears-Verschnitt BoA aus Südkorea.

Manche versuchen, in Asien und speziell in China Fuß zu fassen, doch die meisten hoffen auf den Durchbruch in den USA und auf anderen Märkten im Westen.

Allerdings wird es nicht einfach, die Charts in den USA zu stürmen. Britische und kanadische Sänger sind zu Dutzenden übergesiedelt, aber kaum ein asiatischer Künstler hat beim Publikum im Westen großen Anklang gefunden. Einer der Gründe: Meist unterscheiden sich die asiatischen Künstler, abgesehen von der Ethnie, kaum von ihren nichtasiatischen Konkurrenten.

Der erste Versuch der in Hongkong geborenen Diva CoCo Lee, mit ihrem englischsprachigen Album „Just no other way“ Amerika zu erobern, scheiterte im Jahr 2000 trotz ernsthafter Marketingbemühungen von Sony. „Vielleicht waren die Songs nicht stark genug“, meint Richard Denekamp, Präsident von Sony BMG Asien.

Die Internationale Vereinigung der Plattenindustrie schätzt den asiatischen Musikmarkt im Jahr 2003 auf 5,8 Milliarden US-Dollar (4,5 Milliarden Euro), hinter Europa mit 11,8 Milliarden und Nordamerika mit 12,5 Milliarden Dollar. Die höchsten Verkaufszahlen gibt es in Japan. Im restlichen Asien belaufen sich die Verkaufszahlen gerademal auf 900 Millionen US-Dollar, was darauf zurückzuführen ist, dass in Asien, speziell in China, viele CDs schwarz gebrannt werden. Deshalb pflegen Künstler wie Baby Vox ihr interkulturelles Image. Die fünf koreanischen Sängerinnen lernen nicht nur Englisch, sondern auch Japanisch und Mandarin.

Die Produktionsfirmen behaupten, es sei nur eine Frage der Zeit, bis ein asiatischer Künstler im Westen groß herauskomme. Zum einen würden die Musik anspruchsvoller und die Stars besser, weil die internationalen Produzenten und Videoregisseure ihr Talent im Osten einsetzten. Außerdem erlange die asiatische Kultur mehr Einfluss in der Welt.

Doch wahrer Erfolg hängt in erster Linie natürlich vom richtigen Rhythmus ab. Um ihrer Musik einen westlicheren Touch zu geben, hat Tata Young, die thailändische Popkönigin, in den vergangenen zwei Jahren mit Produzenten in Schweden – lange eine Brutstätte für erfolgreiche Popmusik – zusammengearbeitet. Nachdem sie mit einem einzigen Song in Schweden ankam, haben die dortigen Produzenten mit Schlagzeugen, Synthesizern und Gitarren herumexperimentiert, um einen neuen Stil für sie zu finden.

Ihr erstes Album „I believe“ veröffentlichte Tata Young im Februar 2004 in Südostasien. Seitdem ist sie durch Japan, Korea, Indonesien, Malaysia und China getourt, wo sie neulich auch einen Werbespot für Pepsi drehte.

Jetzt blickt die thailändische Sängerin über Asien hinaus. Plattenmanager Denekamp von Sony BMG Asien sagt, die australischen und deutschen Zweige seines Unternehmens hätten Interesse an „I believe“ bekundet. Tata Youngs Manager Doug Banker von McGhee Entertainment in Los Angeles, der sie international vermarkten will, sagt, Australien wäre „ein Riesenschritt nach vorn“ für die Popdiva, weil es ihren Einstieg in den westlichen Markt bedeutete. Doch selbst er räumt ein, dass das erst ein erster Schritt sei.

Texte übersetzt und gekürzt von Karen Wientgen (Microsoft), Svenja Weidenfeld (Pop), Matthias Petermann (Italien) und Tina Specht (Hisbollah).

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