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Neues Mitglied im Team. Bahn-Chef Rüdiger Grube stellte am Donnerstag die designierte Technikchefin Heike Hanagarth vor.

© dpa

Deutsche Bahn: 414 000 Minuten zu spät

Flut und Flaute haben der Deutschen Bahn das Geschäft verdorben. Reclam-Hefte sollen die Fahrgäste in der ersten Klasse bei Laune halten.

Berlin - Rund 32 700 Züge konnten nicht planmäßig fahren, 1600 fielen komplett aus. Insgesamt führte das Hochwasser zu 414 000 Minuten Verspätung. Doch für die Bahn ist das Thema Flut noch lange nicht ausgestanden. „Noch immer ist das Ausmaß der Schäden nicht absehbar“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Donnerstag bei der Halbjahresbilanz in Berlin. „Wir rechnen zurzeit mit Gesamtschäden von weit mehr als 200 Millionen Euro“, sagte er. Es könnten bis zu 500 Millionen Euro werden. Dabei geht die Bahn davon aus, dass die Schadensbeseitigung an der Infrastruktur wie beim Hochwasser 2002 durch den Bund finanziert wird.

Das Hochwasser wie die lahmende Konjunktur machen sich in den Zahlen der Bahn deutlich bemerkbar. Während der Umsatz im ersten Halbjahr mit knapp 19,4 Milliarden Euro annähernd auf dem Niveau des Vorjahres lag, ging das Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 22,9 Prozent auf gut eine Milliarde Euro zurück. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung führte im Güterverkehr dazu, dass die Verkehrsleistung um 4,4 Prozent zurückging. Wichtige Kunden etwa aus der Stahlindustrie oder dem Maschinenbau hätten ihre Produktion zurückgefahren. Auch im Landverkehr (per Lkw) sowie in der Luft- und Seefracht liefen die Geschäfte schlechter als in der Vorjahresperiode.

Die Bahn musste ihre Prognose für das Jahr nach unten korrigieren. Der Umsatz werde mit 39,5 Milliarden Euro nur noch knapp über dem Vorjahr liegen, sagte Finanzvorstand Richard Lutz. Beim um Sondereinflüsse bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern rechnet er nun mit einem Rückgang um 500 Millionen auf 2,2 Milliarden Euro. Ursprünglich hatte die Bahn sogar 2,9 Milliarden Euro angepeilt.

Neben Flut, Konjunktur und regulatorisch bedingten Kosten etwa für den Emissionshandel nannte Grube eine Reihe weiterer Gründe für die schlechter als erwartete Entwicklung. Dazu gehörten gestiegene Kosten für Energie und Personal. Der strenge Winter habe ebenfalls höhere Kosten für Wartung und Winterdienst mit sich gebracht. Die verspätete Lieferung bestellter Züge wiederum führe dazu, dass die Bahn hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibe. Dennoch konnte das Unternehmen die Zahl seiner Reisenden in Deutschland im ersten Halbjahr um zehn Millionen steigern. Die Probleme mit den verspäteten Zügen muss künftig die neue Technikchefin Heike Hanagarth lösen, die Grube am Donnerstag vorstellte.

Schließlich kostet auch der immer noch nicht eröffnete Berliner Großflughafen die Bahn viel Geld: Bis März waren es 200 Millionen Euro, monatlich kämen jeweils zwei Millionen Euro hinzu, sagte Infrastruktur-Vorstand Volker Kefer. Auf die Frage, ob die Bahn bei einer von Flughafenchef Hartmut Mehdorn vorgeschlagenen Teileröffnung des Flughafens dabei sei, sagte Grube: „Wir unterstützen das.“ Allerdings müssten zuvor alle offenen Fragen des Brandschutzes geklärt sein. Der Bahnhof unter dem Terminal jedenfalls sei betriebsbereit.

Wie lange die Reisenden noch unter den Folgen des Hochwassers leiden müssen, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte Infrastruktur-Vorstand Kefer. Der Verkehr auf der Schnellfahrstrecke Berlin–Hannover ist weiter eingeschränkt. Betroffen ist ein fünf Kilometer langer Streckenabschnitt zwischen Stendal in Sachsen-Anhalt und Rathenow in Brandenburg. Bis September soll es dauern, bis die Hochwasserschäden fertig untersucht sind. Erst dann könne man die nötigen Reparaturmaßnahmen planen.

Preisermäßigungen für Bahnreisende wird es nicht geben. Allerdings verteilt die Bahn ab August Sudoku-Hefte in der ersten und Zeitungen in der zweiten Klasse. Außerdem werden bei Reclam gerade 350 000 neue Hefte gedruckt, die dann ab Ende August die längere Reisezeit verkürzen sollen – allerdings auch nur in der ersten Klasse.

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