zum Hauptinhalt
Bahn-Chef Rüdiger Grube auf der Baustelle zum Großprojekt "Stuttgart 21". Künftig will er nicht mehr bloß Führungskräften die Hände schütteln.

© p-a/dpa

Deutsche Bahn: Bahn-Chef will mehr Zeit mit seinen Mitarbeitern verbringen

Nah an der Basis: Der Vorstandsvorsitzende der Bahn, Rüdiger Grube, will künftig die Hälfte seiner Arbeitszeit bei den Beschäftigten sein. Dahinter steckt Kalkül.

Der Mann ist viel unterwegs. Auf der Stuttgarter Bahnhofsbaustelle, mit Schutzhelm in einer Zugwerkstatt, am Verkaufstresen eines Fahrkartenschalters, bei einer Preisverleihung an verdiente Mitarbeiter: Rüdiger Grubes Gesicht taucht beinahe täglich in der Zeitung oder im Fernsehen auf. Der Bahn-Chef nutzt die Medien für sich, und er will ein Mann der Basis sein. Die fast 300.000 Beschäftigten des Konzerns sollen das Gefühl haben, dass er einer von ihnen ist. Zu gut kennt er die Klagen von alten Bahnern, denen zufolge die neuen Manager im Berliner Bahn-Tower keine Ahnung hätten vom Zugbetrieb und weltfremde Entscheidungen treffen würden.

Ein großes Versprechen

Nun will Grube, 60, sogar messen lassen, wie sehr er sich um die Kollegen sorgt, auch wenn keine Reporter oder Kameras zugegen sind. „Ich verbringe künftig rund 50 Prozent meiner Zeit mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Regionen – ob im Zug, im Reisezentrum oder bei der Fahrzeuginstandhaltung“, versprach er am Mittwochabend in Berlin. Er wolle „mit gutem Beispiel vorangehen und mit meinem Interesse unseren Mitarbeitern Wertschätzung und Respekt zukommen lassen“.

Das ist eine ungewöhnliche Ansage für den Vorstandschef eines Weltkonzerns, zu dem die Bahn mittlerweile geworden ist. Fast drei Millionen Euro hat Grube im vergangenen Jahr verdient, dieses Jahr dürfte es noch etwas mehr sein. Muss er sich für das viele Geld nicht ständig den Kopf darüber zerbrechen, wie es mit dem Konzern weitergeht, wie Dauerprobleme wie fehlende Züge oder unzufriedene Kunden in den Griff zu bekommen sind?

Der Konzern muss um Mitarbeiter werben

Das tut er, beteuern die Leute in seinem Umfeld. Auf etwa 100 Wochenstunden komme er, arbeite von morgens halb acht bis oft um Mitternacht. Hinter Grubes Ansage steckt aber auch Kalkül: Die Beschäftigten auf den Bahnsteigen und in den Zügen mussten viel aushalten in den vergangenen Jahren, vom Winterchaos bis zum S-Bahn-Versagen. Wenn sie ihren Frust aber die Fahrgäste spüren lassen, beschweren die sich über schlechten Service und den rüden Umgangston bei der Bahn. „Nur mit zufriedenen Mitarbeitern hat man Erfolg – das ist eben kein leeres Gerede“, sagt eine einflussreiche Führungskraft. Von der Stimmung der Kunden hängt seit Neuestem sogar die Bezahlung der sechs Vorstände ab.

Obendrein will der Konzern bis Ende 2013 fast 10.000 zusätzliche Leute einstellen. Und der Altersdurchschnitt in der Belegschaft ist hoch, viele gehen bald in Rente und müssen ersetzt werden. Angesichts des Geburtenrückgangs wird das nicht einfach. Das Management muss also Werbung machen für die Firma mit dem latenten Imageproblem.

Nicht bloß gucken – handeln

Allerdings ist Grubes Plan, die Hälfte seiner Zeit mit Kollegen verbringen zu wollen, auch keine Revolution. Schon jetzt besucht er jeden Monat einen ganzen Tag lang Betriebe in einer Region oder diskutiert mit Mitarbeitern auf speziellen Treffen Zukunftsfragen. Das erwartet er auch von den anderen Managern. Das Arbeitnehmerlager hält sich noch mit Lob für den Vorstandschef zurück. „Sinnvoll ist das nur dann, wenn er nicht nur die Probleme besichtigt“, sagt einer, „sondern auch die Konsequenzen daraus zieht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false