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Wirtschaft: Deutsche Bahn: Die Rückkehr der Fracht

Wenn die Bahn schon an der Börse wäre, der Dax hätte in der vergangenen Woche vermutlich einen geringeren Absturz erlebt. Das war wie ein Sonnenstrahl aus einem tiefgrauen Himmel: Die Bahn hat - entgegen allen Verlustwarnungen - für das Jahr 2000 einen Gewinn geschrieben.

Wenn die Bahn schon an der Börse wäre, der Dax hätte in der vergangenen Woche vermutlich einen geringeren Absturz erlebt. Das war wie ein Sonnenstrahl aus einem tiefgrauen Himmel: Die Bahn hat - entgegen allen Verlustwarnungen - für das Jahr 2000 einen Gewinn geschrieben. Immerhin 390 Millionen Mark - bei einem Umsatz von gut 30 Milliarden Mark. Insbesondere kräftig gewonnen hat sie auf ihren Märkten. Der Personenverkehr verbuchte ein Plus von gut zwei Prozent. Der Güterverkehr der Bahn-Fracht-Tochter DB-Cargo sprang um 7,5 Prozent nach oben. Die guten Ergebnisse waren zweifellos eine willkommene Rückenstärkung für den arg gebeutelten Bahnchef Hartmut Mehdorn. Ist das nun endlich das lange erhoffte Licht am Ende des Tunnels? Oder sind es doch nur die Lampen einer entgegenkommenden Lokomotive? Auf eine wahrhaftige Trendwende aus der kostspieligen Rückwärtsfahrt während der vergangenen Jahrzehnte setzen zumindest der Bund und die Bahn selbst. 79 Milliarden Mark wollen sie bis 2005 in das Netz und in Fahrzeuge investieren, davon 85 Prozent in die Schienenwege. Das signalisiert unternehmerische Dynamik und Zuversicht. Aber das Geld muss sich auch rechnen.

Die Ziele sind wahrlich ehrgeizig - vor allem für den Güterverkehr. Bis zum Jahr 2015 will die Bahn ihr Güterverkehrsaufkommen verdoppeln. Für die europäischen Länder rechnet Prognos bis 2010 mit einem Zuwachs um knapp 40 Prozent. Zur Erinnerung: In den Jahren von 1994 (Bahnreform) bis 1999 ist der Bahn ein magerer Zuwachs um vier Prozent gelungen. Der Straßengüterverkehr ist in dieser Zeit um ein Viertel angeschwollen. Auf ihn entfallen heute 72 Prozent aller Gütertransporte. Dafür gab es eine Reihe gewichtiger Gründe - und sie sind auch heute und morgen noch wirksam. Oft genannt: Die Bahn ist zu teuer, bürokratisch und zu langsam. Trotz ihres weitverzweigten Schienennetzes von zusammen 38 000 Kilometer Länge reicht es oft nicht direkt vor die Fabriktore der Unternehmen. Kombinierte Verkehre, Umladevorgänge auf und von Lkws sind nötig. Aber wichtiger noch: Die Massentransporte wie Kohle und Stahl gehen zurück, die "wertdichten" Güter, mit kleineren Gewichten und Abmessungen und einer größeren Kapitalbindung nehmen zu. Sie möchten schnell und zuverlässig reisen, sie kommen häufig mit UPS und DHL - mit dem Flugzeug oder auf der Straße mit Lkw. Gegen diesen Trend ist eine noch so effiziente Bahn nicht gefeit. Deswegen ist es richtig, wenn die Produktivität der DB-Cargo weiter kräftig gesteigert wird. Dazu gehört auch ein Stück Rückzug der Schiene aus der Fläche. Die Konzentration macht wirtschaftlich Sinn, aber die Verdoppelung der Transportmengen bis 2015 erscheint deswegen schier unerreichbar.

Aber wichtiger als dieses hehre Mengenziel sind: 1. Die wettbewerbsfähige Bedienung (Kosten, Zeiten, Service) der Kunden der DB Cargo entlang der gesamten Transportketten auf Schiene und Straße. 2. Eine schnelle Ausweitung der Transportleistungen auf ganz Europa. 3. Technische Innovationen für die Transportgefäße - ähnlich wie es der Container war. Wenn mehr Ladung in genormten Behältern transportiert werden könnte, die ein einfaches Umladen von Lkws auf die Schiene erlaubten, würden die Chancen der Güterbahnen auf einen höheren Marktanteil steigen. 4. Ein veritabler Wettbewerb zwischen verschiedenen Güterverkehrsunternehmen auf den deutschen und den europäischen Schienen. Diese vier Punkte sind entscheidender für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Güterbahn in Europa als die unfruchtbaren Fechtgänge des Paares Bodewig Mehdorn um die Trophäe "Herrschaft über das Netz".

Heik Ahfeldt

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