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3,4 Millionen Menschen transportiert die Bahn täglich im Regionalverkehr. Diese müssen künftig mehr für ihre Fahrkarten zahlen.

© ddp

Deutsche Bahn: Pendler zahlen mehr

Die Bahn erhöht die Preise im Regionalverkehr um durchschnittlich 1,9 Prozent. Längere Strecken werden nicht teurer.

Berlin/Frankfurt am Main - Bahnfahrer sind in diesem Jahr nicht gerade verwöhnt worden. Im Winter waren wegen der Kälte ständig Züge ausgefallen, im Sommer machte die Hitze das Klima in den Zügen zeitweise unerträglich. Eines immerhin bleibt den Kunden, die längere Strecken fahren, nun erspart: Die Fahrkarten werden 2011 nicht teurer. Zum ersten Mal seit acht Jahren verzichtet die Bahn auf eine Preiserhöhung im Fernverkehr.

Berufspendler hingegen werden mit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember mehr für ihre Tickets zahlen müssen: Die Tarife im Regionalverkehr mit Nahverkehrszügen und S-Bahnen werden erneut im Schnitt um 1,9 Prozent angehoben. Ulrich Homburg, im Vorstand der Bahn für den Personenverkehr zuständig, nannte diesen Anstieg am Mittwoch in Frankfurt am Main „ausgesprochen moderat“. In den rund 60 Verkehrsverbünden würden die Preise noch stärker, nämlich um durchschnittlich 2,4 Prozent steigen. Verkehrsverbünde sind Zusammenschlüsse von Städten, Landkreisen und Verkehrsunternehmen. Sie entscheiden eigenständig über die Preise. Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) werden die Tickets durchschnittlich 2,8 Prozent teurer. So soll der Einzelfahrschein AB ab Januar 2,30 Euro statt bisher 2,10 Euro kosten. Das hatte der VBB im Juni angekündigt.

Der Verzicht auf Preiserhöhungen im Fernverkehr ist nach Angaben von Bahn-Vorstand Homburg Teil einer Qualitätsoffensive der Bahn. Auch die Preise für die Bahncard blieben gleich. „Das ist eine gute Botschaft an unsere Kunden.“ Mit diesem Schritt wolle die Bahn ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber Auto und Flugzeug weiter erhöhen und Kunden auf die Schiene locken. Bahn-Chef Rüdiger Grube betonte allerdings auch, dass sich die Bahn „eine solche Kraftanstrengung nur im Ausnahmefall“ leisten könne. Im vergangenen Jahr hatte die Bahn die Preise im Fern- und Regionalverkehr um durchschnittlich 1,8 Prozent erhöht. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) lobte die Zurückhaltung der Bahn: „Dies ist ein gutes Signal an die Bahn-Kunden, die im vergangenen Sommer und Winter einige Strapazen in Kauf nehmen mussten.“ Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Uwe Beckmeyer, kritisierte den Preisanstieg im Nahverkehr: „Der Wirtschaftsminister fordert die Menschen auf, für Lohnerhöhungen zu streiten. Und dann greift die Bahn den Berufspendlern in die Tasche“, sagte er dem Tagesspiegel. Seiner Ansicht nach wäre die Erhöhung vermeidbar gewesen: „Wenn man die Bahn nicht gezwungen hätte, 500 Millionen Euro jährlich als Sonderabgabe an den Finanzminister abzuführen, wäre die Finanzlage entspannter gewesen.“ Die Bahn müsse im Nahverkehr Mehrkosten weitergeben, sagte auch Bahn-Vorstand Homburg. Außerdem gebe es eine Abstimmung mit den Verkehrsverbünden, um sich nicht gegenseitig zu starke Konkurrenz über die Preise zu machen.

Der Regionalverkehr ist die rentabelste Sparte der Bahn. Im ersten Halbjahr lag der Betriebsgewinn bei 665 Millionen Euro, im Fernverkehr waren es 261 Millionen Euro. Gemessen an der Zahl der Fahrten sind zehnmal mehr Menschen mit Regionalbahnen als mit Intercitys und ICEs unterwegs. Die meisten Bahn-Kunden werden die Erhöhung, die rund einen halben Prozentpunkt über der Inflationsrate liegt, in der Summe spüren, auch wenn sich kurze Einzelfahrten nur um Cent-Beträge verteuern. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) meint, es gebe keinen Grund für höhere Preise, denn das Angebot habe sich nicht verbessert. Umweltfreundliches Verkehrsverhalten dürfe nicht bestraft werden, sagt VCD-Bahnexpertin Heidi Tischmann.

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