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Hansen

© dpa

Deutsche Bahn: Transnet: Privatisierung der Bahn ist gescheitert

Transnet-Chef Norbert Hansen hält die Volksaktie für einen "schweren Fehler".

Berlin - Der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, befürchtet, dass die Privatisierung der Bahn vorerst gescheitert ist. „Die Union will keine Bahn-Privatisierung über Volksaktien“, sagte SPD-Mitglied Hansen dem Tagesspiegel. „Ich gehe davon aus, dass die Union das auf ihrem Parteitag beschließen wird. Und dann ist die Privatisierung in dieser Legislaturperiode gescheitert“, meinte Hansen. Für die Bahn hätte das erhebliche Nachteile. „Wenn die Privatisierung über 2009 hinaus verschoben wird, und davon muss ich jetzt ausgehen, dann besteht die Gefahr, dass die Bahn im Wettbewerb in große Nachteile gerät, weil ihr das unbedingt erforderliche Kapital fehlt, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können“, warnte der Transnet-Chef.

Die SPD hatte am Sonnabend nach heftiger Kontroverse auf ihrem Parteitag in Hamburg beschlossen, dass mindestens 25,1 Prozent des bislang staatseigenen Bahnkapitals in Form stimmrechtsloser Vorzugsaktien („Volksaktien“) verkauft werden. Damit soll der renditeorientierte Zugriff von Großaktionären auf die Bürgerbahn verhindert werden. Sollte dieses Modell bei der Union nicht durchsetzbar sein, müsste der SPD-Parteitag erneut entscheiden, lautet das Votum der Delegierten.

Verkehrsexperten der Union hatten das Volksaktien-Modell bereits am Sonnabendnachmittag abgelehnt. Sie fürchten, dass die Bahn dann für Investoren nicht mehr attraktiv ist und rechnen mit erheblichen finanziellen Abschlägen. Auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte sich die Bahn-Privatisierung anders vorgestellt. Der Minister wollte ursprünglich den Wünschen von Bahnchef Hartmut Mehdorn weit entgegen kommen und den Konzern ohne größere Einschränkungen an die Börse bringen. Ende 2006 setzten die Fraktionen von Union und SPD jedoch mehr Kontrollrechte für den Bund und eine Rückgabeoption für das Schienennetz durch. Das jetzt beschlossene „Volksaktien“-Modell geht aber noch erheblich weiter. Transnet-Chef Hansen nannte den Beschluss des Parteitags einen „schweren Fehler“. Die SPD habe leider dafür gesorgt, dass die Union ihr nun den schwarzen Peter zuschieben könne. Wenn die SPD in der nächsten Regierung geringer oder gar nicht mehr beteiligt ist, „dann kann die Union ungestört den Bahn-Konzern zerschlagen“, sagte Hansen.

Hansen befürchtet erhebliche Nachteile für die Bahn und ihre 230 000 Mitarbeiter. „Die Zukunft von einigen Hunderttausend Mitarbeitern hängt davon ab“, warnte der Gewerkschaftschef. Die Bahn und ihre Beschäftigten kämen nach dem Parteitagsbeschluss in eine sehr problematische Lage. Denn die mittelfristige Finanzplanung der Bahn beinhalte eine Kapitalbeteiligung, die es jetzt so nicht geben wird. „Die Bahn braucht jetzt Geld aus dem Bundeshaushalt, um ihren Kurs finanzieren zu können“, stellte Hansen klar. Andere Konzerne, etwa aus Frankreich oder Österreich, würden nicht schlafen und auf dem europäischen und deutschen Markt kräftig Logistikkapazitäten einkaufen. „Zum Nachteil der Bahn und zum Nachteil des Wirtschaftsstandortes Deutschland“, warnte Hansen. Ohne Privatisierung werde der Anteil der Bahn am Verkehr in Zukunft zugunsten anderer Konzerne aus dem In- und Ausland schrumpfen.

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), der wie Hansen zu den Gegnern des Volksaktien-Modells gehört, sieht den Beschluss des Parteitags kritisch. Die Privatisierung werde sich wahrscheinlich deutlich verzögern, sagte der Finanzminister dem „Handelsblatt“. Die Bahn wäre nicht so schnell kapitalmarktfähig wie geplant. Jetzt müsse mit der Union sondiert werden, wie es weiter geht. Steinbrück warnte jedoch vor der Erwartung, dass automatisch der Bund einspringe. „Der Haushalt kann nicht der Ziehvater für die Bahn sein“, sagte der Minister. Es gebe „keinen Automatismus, dass der Bundeshaushalt einspringt über das hinaus, was der Bund sowieso schon zahlt“. 

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