zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Deutsche Bank will ihre Kunden versöhnen

In den vergangenen Jahren verärgerte die Bank ihre Privatkunden: Jetzt baut sie nach dem Vorbild der Citibank um

Frankfurt (Main). Viele Kunden haben den Zickzackkurs der Deutschen Bank satt und fühlen sich kaum noch richtig betreut. Erst wurden die Privatkunden 1999 in die Deutsche Bank 24 ausgegliedert; dann folgten Gerüchte, nach denen die größte deutsche Privatbank gar kein Interesse mehr an den vermeintlich „kleinen“ Kunden habe. Jetzt herrscht wieder Verunsicherung, die nächste Umorganisation ist in vollem Gange. Die Privatkunden kommen wieder unter das Dach der Deutschen Bank und rund 250 ihrer über 1000 Filialen will die Bank schließen oder durch Selbstbedienungscenter und kleinere Agenturen ersetzen.

Die Qualität des Service soll darunter nach dem Willen von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nicht leiden. Als Vorbild für den erneuten Umbau dient Ackermann die Citibank, die in Deutschland mit rund 300 Filialen über drei Millionen Kunden betreut. Im ersten Halbjahr 2002 hat die Citibank Privatkunden AG ihren Gewinn vor Steuern um 21 Prozent auf 367 Millionen Euro in die Höhe geschraubt. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank 24 kam im gesamten Jahr 2001 nur auf einen Gewinn von 405 Millionen Euro – und das mit 8,3 Millionen Kunden.

Nach Ansicht von Banken-Analyst Dieter Hein von Credit Lyonnais hat sich die amerikanische Citibank schon vor zehn Jahren in Deutschland um schlanke Strukturen bemüht und dadurch die Kosten nachhaltig heruntergefahren. Die Filialen sind vergleichsweise einfach ausgestattet und nicht selten in vermeintlich zweitklassigen, aber dafür preisgünstigen Lagen angesiedelt. Trotzdem gibt es überall – Amerika lässt grüßen – einen Kaffee oder ein Wasser für die wartende Kundschaft. Doch das allein macht nicht den Erfolg des Geldhauses aus. Citibank-Sprecher Matthias Dezes verweist darauf, dass man sich um alle Kunden kümmere, egal ob monatlich 500 oder 5000 Euro auf dem Konto landen: „Es gibt bei uns keine Segmentierung, wir orientieren uns an den persönlichen Verhältnissen des Kunden.“ Die Abläufe in den Filialen seien schlank und die Mitarbeiter von Verwaltungsaufgaben befreit. „Dadurch haben sie mehr Zeit für den Kunden als bei anderen Banken“, sagt Dezes.

Mobile Berater für das flache Land

Um die Kunden auch jenseits der Ballungszentren und größeren Städte zu erreichen, setzt die Citibank auf mobile Berater: „Auch Menschen in Engelsdorf bei Leipzig, in Bornhöved bei Kiel oder in Vestenbergsgreuth müssen nicht auf die Beratung verzichten“, sagt Vorstandschefin Christine Licci. Die Zahl der mobilen Berater soll im kommenden Jahr auf 100 gesteigert werden. Derzeit sind es 50. Die Zahl der normalen Filialen wird dagegen kaum steigen.

Ähnliche Pläne verfolg jetzt auch die Deutsche Bank. Rund 1000 mobile Berater sollen über Land fahren und so jeden Kunden erreichen. Gleichzeitig wird das Filialnetz gestrafft. Rund 300 Dependancen werden in Zukunft mit Automaten ausgestattet, an denen sich die Kunden selbst bedienen können. Abgeschafft wird auch die Einteilung der Kunden nach ihrem Vermögen. Stattdessen orientieren sich die Marketingstrategen der Bank jetzt an der Lebenssituation der Menschen und teilen sie in entsprechende Kundengruppen ein. Zu den acht Zielgruppen gehören zum Beispiel die „Jungen Starter“, die „Modernen Familien“, „Dynamische Investoren“ oder die „Vermögensaufbauenden Privatkunden“. Die Produkte der Bank sind auf diese Kundengruppen zugeschnitten und reichen von der einfachen Kontoführung bis zu komplexen Anlage- und Finanzierungspaketen. Nach den Plänen der Bank sollen die Kunden im Gespräch mit ihrem Berater selbst bestimmen können, in welchem Bereich sie sich am besten aufgehoben fühlen. Jeder Kunde solle sich seine „eigene Bank“ zusammenstellen, sagt Herbert Walter, Chef des globalen Geschäfts mit Privat- und Geschäftskunden. Mit dem neuen Konzept verfolgt Walter das Ziel, ihre Kunden ihr Leben lang an das Geldinstitut zu binden und die Zahl der Kunden zu erhöhen. Bis zum Jahr 2004 will Walter die Kundenzahl von jetzt auf 12,6 Millionen auf 14 Millionen steigern.

Einige Experten raten, die Citibank auch im Kreditgeschäft zu kopieren. Die Citibank gewährt auch Ratenkredite für den Fernseher oder Staubsauger und kooperiert dabei mit Kaufhäusern. Das lohnt sich. „In diesem Geschäft sind die Margen am höchsten und die Risiken sind überschaubar“, sagt ein Analyst. Die großen Banken seien sich für solche Geschäfte offensichtlich „zu fein“. Diesen Dünkel sollte Ackermann und Co schleunigst ablegen. Rolf Obertreis

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false