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Wirtschaft: Deutsche Bauwirtschaft: Die Branche in Not

Die deutsche Bauindustrie erwartet in diesem Jahr einen weiteren Umsatzeinbruch und den Verlust von 60 000 Stellen. "Die Hoffnung auf eine allmähliche Stabilisierung der Baukonjunktur wird sich auch 2001 nicht erfüllen", sagte Ignaz Walter, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (BI), am Montag in Berlin.

Die deutsche Bauindustrie erwartet in diesem Jahr einen weiteren Umsatzeinbruch und den Verlust von 60 000 Stellen. "Die Hoffnung auf eine allmähliche Stabilisierung der Baukonjunktur wird sich auch 2001 nicht erfüllen", sagte Ignaz Walter, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (BI), am Montag in Berlin. Walter rechnet mit einem Rückgang der baugewerblichen Umsätze um fünf Prozent auf 183,2 Milliarden Mark im Vergleich zum Vorjahr. Damit korrigierte er die ursprünglichen Konjuntkurerwartungen des BI, die im Herbst 2000 noch bei einem Umsatzrückgang von einem Prozent lagen, deutlich nach unten. So müssten die alten Bundesländer mit einem Umsatzeinbruch von 3,5 Prozent rechnen, die neuen Länder sogar mit 10,5 Prozent. Grafik: Das deutsche Baugewerbe Im ersten Quartal 2001 hat sich der Abwärtstrend in der Bauwirtschaft, besonders in den neuen Bundesländern, weiter verschärft. Nach Angaben des Verbandes ließ der Auftragseingang in der ostdeutschen Bauwirtschaft im Vergleich zum Vorjahresquartal um 22,8 Prozent nach, im Westen um 5,8 Prozent. Besonders schlecht stehe es um den Wohnungsbau. Dort verzeichnete die Baubranche in Deutschland ein Minus von fast 20 Prozent. In den alten Bundesländern sank der Auftragseingang um 11,4 Prozent, in den neuen Ländern um mehr als 40 Prozent. Langfristig müsse sich die Branche auf ein deutlich abgesenktes Niveau im Wohnungsbau einstellen, da die Zahl der Privathaushalte bis zum Jahr 2010 deutlich langsamer steigen werde als noch zu Beginn der 90er Jahre. Schon jetzt stünden in Deutschland 2,8 Millionen vermarktbare Wohnungen leer.

Als Gründe für den drastischen Einbruch führte Walter die unerwartet starke gesamtwirschaftliche Konjunkturabkühlung, die abwartende Haltung privater Investoren und die nachlassende Investitionsbereitschaft der Länder und Kommunen an. Die Stimmung in der Bauwirtschaft sei derzeit hoffnungslos. Wegen des Wettbewerbs- und Konkurrenzdrucks würden Baufirmen zu ruinösen Vertragsbedingungen gezwungen und bei der Auftragsvergabe gegeneinander ausgespielt. "Ich glaube, die Unternehmer sind mittlerweile so verängstigt, dass sie alles unterschreiben würden, selbst ihr eigenes Todesurteil". Angesichts dieser Notlage rief Walter die Baufirmen zur Bildung eines "Notkartells" auf, um unfaire Praktiken bei Ausschreibungen und Vertragsgestaltungen abzuwehren.

Für die alten Bundesländer wird nach Verbandsangaben für 2001 ein Umsatzrückgang um 3,5 Prozent auf 141,2 (Vorjahr 146,1) Milliarden Mark angenommen - nach einem Rückgang um 2,4 Prozent im Vorjahr. In den ostdeutschen Ländern wird ein Umsatzminus von 10,5 (Vorjahr 12,2) Prozent auf 42 (Vorjahr: 46,8) Milliarden Mark erwartet. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte werde in diesem Jahr auch die Zahl der Beschäftigten am Bau im Jahresdurchschnitt unter die Marke von einer Million fallen, erklärte der Verband. In Ostdeutschland dürften 30 000, im Westen 20 000 bis 30 000 Arbeitsplätze wegfallen. Nur entschlossene Gegenmaßnahmen durch die öffentliche Hand könnten der Branche jetzt noch helfen.

Öffentliche Projekte privat finanzieren

Walter warf Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vor, die Bauwirtschaft "tot zu sparen" und so einen einen Großteil der Volkswirtschaft zu zerstören. Eichel verwechsele Kostenreduzierung mit Investitionsenthaltung. "Wenn die Regierung selbst nicht mehr Geld in die Infrastruktur fließen lassen will, dann soll sie endlich Privatkapital für den öffentlichen Bau zulassen", sagte Walter. Denn das Problem liege nicht in einem zu geringen Baubedarf in Deutschland. Vielmehr werde der riesige Baubedarf, gerade im Infrastrukturbereich, nicht in Nachfrage umgesetzt.

Der Branchenverband forderte Bund und Länder auf, eine Gemeinschaftsinitiative zur Modernisierung der kommunalen Infrastruktur und des Wohnungsbestandes auf den Weg zu bringen. Für die ostdeutschen Länder sei besonders in den Bereichen wirtschaftsnahe Infrastruktur, Schulen und Hochschulen ein Sofortprogramm nötig.

dro

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