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Das Geldvermögen der Deutschen steigt.

© dpa

Vermögen: Deutsche sind so reich wie nie

Niedrige Zinsen hin oder her: Das Geldvermögen der Deutschen ist zuletzt rasant gestiegen. Davon profitieren aber längst nicht alle gleich stark.

Von Carla Neuhaus

Es geht um sehr viel Geld. Genauer gesagt um 5.212 Milliarden Euro. So groß ist das Geldvermögen der Deutschen: ein neuer Rekordwert. Das zeigt ein Bericht, den die Bundesbank am Montag vorgelegt hat. Dabei ist nicht nur die reine Höhe erstaunlich, sondern auch die Tatsache, wie schnell das Geldvermögen wächst. Zumal Wertgegenstände wie Immobilien und Kunst in der Zahl noch nicht einmal eingerechnet sind. Allein im ersten Quartal 2015 ist das Geldvermögen der Deutschen demnach um 140 Milliarden Euro gestiegen – trotz niedriger Zinsen und Euro-Krise.

Was ist passiert? Sind die Deutschen zu Anlagestrategen geworden und vermehren sie ihr Geld plötzlich am Kapitalmarkt besonders geschickt? Weit gefehlt. Die Zahlen der Bundesbank bestätigen vielmehr erneut, wie risikoscheu die meisten Deutschen sind. Mit 17 Milliarden Euro stecken noch immer knapp ein Drittel ihrer Mittel in liquiden Sichteinlagen: Das heißt, die Deutschen horten ihre Ersparnisse auf dem Girokonto, legen sie als Tagesgeld an oder heben sie als Bargeld ab. Lediglich Versicherungskonzernen und anderen Anbietern von Produkten zur Altersvorsorge vertrauen die Deutschen größere Summen an: Diese Gelder haben sie im ersten Quartal um 26,5 Milliarden Euro aufgestockt.

Die Deutschen gehen lieber auf Nummer sicher

Von Aktien wollen die Deutschen dagegen weiterhin nichts wissen. Trotz eines „insgesamt positiven Börsenumfelds“ haben die Bundesbürger zuletzt mehr Anteilsscheine verkauft als erworben: 6,5 Milliarden Euro haben sie demnach von der Börse abgezogen – so viel wie seit Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 nicht mehr. Und das, obwohl Bankberater seit Monaten unaufhörlich für mehr Anteilsscheine werben und eine stärkere Aktienkultur in Deutschland fordern. Doch sie erreichen damit scheinbar das Gegenteil: Je lauter die Aktienlobby wird, desto zurückhaltender scheinen die Verbraucher zu reagieren. Die Experten der Bundesbank sprechen von einer „weiterhin hohen Risikoaversion der privaten Haushalte“. Die Deutschen gehen lieber auf Nummer sicher und verzichten auf Rendite, statt Gefahr zu laufen, einen Teil ihres Vermögens zu verlieren.

Dass die Bundesbürger dennoch insgesamt so viel reicher geworden sind, hat mehrere Gründe: Zum einen liegt es an der guten Konjunktur und dem robusten Arbeitsmarkt. Die Firmen stellen mehr Mitarbeiter ein. Und diejenigen, die bereits einen Job haben, verdienen mehr. Davon profitieren alle: von der Aushilfskraft bis zum Manager. Gleichzeitig ist das Vermögen jedoch hierzulande seit Jahren sehr ungleich verteilt. Deshalb lässt sich vermuten, dass der Großteil der Vermögenszuwächse auf einen sehr kleinen Teil der Gesellschaft entfällt: die Mehrfach-Millionäre.

Das Gesamtvermögen ist sehr ungleich verteilt

Belegen lässt sich das anhand der Zahlen der Bundesbank zwar nicht. Sie erfasst nur, wie viel Geldvermögen die Deutschen zusammen besitzen – nicht wer es besitzt. Allerdings legen andere Studien, die das gesamte Vermögen (zum Beispiel inklusive der Immobilien) untersuchen, diese Schlussfolgerung nahe. So kam die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kürzlich zu dem Ergebnis, dass die reichsten zehn Prozent hierzulande fast 60 Prozent des Gesamtvermögens auf sich vereinen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt sogar auf einen noch höheren Wert. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die reichsten zehn Prozent bis zu 74 Prozent Prozent des Gesamtvermögens besitzen. Dass solche Reichen-Studien zum Teil zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen, hat einen Grund: „Weil es in Deutschland keine Vermögensteuer gibt, weiß man über die besonders Reichen wenig“, sagt DIW-Forscher Markus Grabka.

Klar ist jedoch: Die deutschen Vermögen sind deutlich ungleicher verteilt als die Einkommen. „Das ist historisch bedingt“, sagt Grabka. Ein Großteil des Vermögens wird von Generation zu Generation weitergegeben. Gleichzeitig fällt es Wohlhabenden deutlich leichter, ihr Geld breit zu streuen, als Kleinsparern. „Wenn ich wenig habe, will ich möglichst wenig Risiko eingehen“, sagt DIW-Forscher Grabka. Die Reichen trauen sich dagegen eher, Aktien zu kaufen, weil sie mögliche Verluste an der Börse leichter verkraften können. Außerdem kümmern sie sich nicht selbst um die Geldanlage, sondern beauftragen teure und professionelle Finanzberater damit.

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