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Wirtschaft: Deutschland ist ein korruptes Land

Transparency International legt Korruptionsindex vor: Bundesrepublik nur auf Platz 18

Berlin (ce). Deutschland hat im Kampf gegen Korruption nach Angaben der Anti-Bestechungs-Organisation Transparency International (TI) keine Fortschritte erzielt. Die Bundesrepublik nimmt in einem internationalen Vergleich zwischen 102 Ländern nur Platz 18 ein. In der Bewertung nach Punkten verschlechterte sich Deutschland: Es erhielt jetzt 7,3 von zehn Punkten, 1996 waren es noch 8,3 Punkte. Die Bestnote liegt bei zehn Punkten. Dass sich Deutschland dennoch von Platz 20 auf Platz 18 vorarbeitete, liegt nach Informationen von TI daran, dass andere Länder noch weiter zurückfielen.

Damit sei Deutschland „in das untere Drittel der Länder abgerutscht, mit denen es sich normalerweise vergleicht“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der deutschen TI-Sektion, Hansjörg Elshorst. Der Spendenskandal in Köln sei dabei kaum in das deutsche Ranking eingeflossen, sagte Elshorst. Er erwartet einen positiven Effekt von der Affäre um die Müllverbrennungsanlage. „Jetzt hat es geklickt in Deutschland“, sagte Elshorst. Die Öffentlichkeit reagiere zunehmend gereizt auf Korruption. Als erste Konsequenz habe der Bundestag das Gesetz zur Parteienfinanzierung verschärft. Einmal im Jahr erstellt TI den Korruptionsindex, in dem die Bestechlichkeit von Amtsträgern und Politikern ermittelt wird. Bestnoten erzielen vor allem skandinavische Länder wie Finnland, Dänemark und Schweden.

„Auch eine verhältnismäßig ehrliche Kultur kann sich sehr schnell in einen korrupten Sündenpfuhl verwandeln“, sagte Peter Eigen, Vorsitzender der Organisation, das schlechte Abschneiden der Bundesrepublik. Deutschland müsse sich nicht wundern, wenn seine Amtsträger bestechlich seien. Schließlich hätten sich Exportfirmen mit Duldung deutscher Politiker „lange den Luxus erlaubt, im Ausland zu bestechen“. In einigen Baufirmen habe es schriftliche Instruktionen gegeben, wie man am besten besteche. Mittlerweile hat Deutschland die Anti-Korruptions-Konvention der OECD unterzeichnet, die dies unter Strafe stellt.

Deshalb plädiert Transparency dafür, das Modell der skandinavischen Informationsfreiheit auch auf Deutschland zu übertragen. Danach sind Behörden zu Transparenz verpflichtet und müssen etwa ihre Ausschreibungen veröffentlichen. Die „seit langem selbstverständliche“ Transparenz der öffentlichen Verwaltung trage erheblich dazu bei, dass diese Länder in der Spitzengruppe rangierten. In Deutschland haben bisher nur die vier Bundesländer Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ein vergleichbares Gesetz verabschiedet.

Der Wiederaufbau in den deutschen Hochwassergebieten könnte nach Ansicht der Experten zu Bestechungen führen. Gelockerte Bestimmungen bei der Auftragsvergabe könnten zu Korruption einladen. „Im Zusammenhang mit raschen Finanzierungen ist die Korruptionsanfälligkeit besonders hoch“, sagte Elshorst. Bei vergleichbaren Naturkatastrophen, wie Erdbeben in der Türkei und in Nicaragua oder den Fluten in Bangladesh habe sich gezeigt, dass durch eine Lockerung der Vorschriften keine Zeit gewonnen werde, ergänzt der TI-Vorsitzende Eigen. Er appellierte deshalb an die Bundesregierung, sich insbesondere beim Wiederaufbau der Infrastruktur an die „bewährten Regeln“ der Auftragsvergabe zu halten.

Korruption ist nicht vorrangig ein Problem der Entwicklungsländer, stellte Transparency International klar. So ist Bestechung in Italien und Griechenland weiter verbreitet als im südafrikanischen Botswana. Allerdings sei Bestechung gerade in den Entwicklungsländern „das größte Hindernis bei der Bekämpfung der Armut“, sagte Eigen. Als „enttäuschend“ bezeichnete er es, dass in diesem Jahr 70 von 102 untersuchten Ländern unterhalb des Schwellenwertes von fünf Punkten gelegen hätten. „Im Kampf gegen Korruption legen Politiker zunehmend Lippenbekenntnisse ab“, sagte Eigen.

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