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Wirtschaftsinstitut: „Deutschland steht am Rande der Rezession“

Schon im Herbst sinkt die Wirtschaftsleistung, warnt ein Forschungsinstitut – und rechnet trotzdem mit neuen Arbeitsplätzen

Führende Wirtschaftsforscher sehen Deutschland am Rande einer Rezession. „Die Konjunktur steht am Beginn einer Schwächephase“, erklärte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Dienstag in seiner Herbstprognose. Schuld sei die Schwäche wichtiger Handelspartner in Europa und den USA im Zuge der Schuldenkrise – dies sei ein großes Risiko für die deutschen Exportunternehmen. „Es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass die Wirtschaft in eine Rezession gerät“, heißt es.

Eine solche Entwicklung könnte dem IfW zufolge ab Ende dieses Jahres drohen. Zwischen Oktober und Ende Dezember werde die Produktion zurückgehen. Würde es in den ersten Monaten des kommenden Jahres dann nicht besser, steckte die Bundesrepublik gemäß der gängigen Definition in einer Rezession.

Das größte Risiko bestehe in einer Zuspitzung der Schuldenkrise. „Weder in den Vereinigten Staaten noch in Europa ist eine Lösung in Sicht“, stellten die Forscher fest. Vielerorts stehen heftige Sparprogramme an, nachdem die Finanzen aus dem Ruder gelaufen sind. Auch die Dynamik in den Schwellenländern, von der gerade die Deutschen bislang stark profitiert haben, nehme ab. Daneben werde es hierzulande bei den Firmeninvestitionen und beim Konsum nicht mehr so starke Wachstumsraten geben wie zuletzt.

Dies ist für die Ökonomen aber nur ein Szenario. Für dieses Jahr rechnen sie mit einem Wirtschaftsplus von 2,8 Prozent nachdem sie bislang 3,6 Prozent angenommen hatten. Dafür verantwortlich sei fast allein das starke erste Quartal. Schon im zweiten Vierteljahr stagnierte die Wirtschaft nur noch. Nach dem Minus im Schlussquartal soll es aber wieder einen leichten Aufwärtstrend geben, der zu einem Wachstum von 0,8 Prozent für 2012 führt. Bislang hatte die Annahme bei 1,6 Prozent gelegen. Die Erholung am Arbeitsmarkt wird nach Einschätzung der Kieler Forscher von der Eintrübung allenfalls gebremst – er werde „der Schwächephase trotzen“. Nachdem im Schnitt dieses Jahres 2,984 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet sein dürften, würden es im kommenden Jahr 2,868 Millionen sein. Zusätzliche Entlastung erwartet das IfW durch eine Beruhigung der Preisentwicklung: Die Inflationsrate soll 2012 wieder knapp unter der Marke von zwei Prozent liegen.

Gleichwohl wäre die stürmische Erholung der deutschen Wirtschaft von der Krise 2009 zunächst beendet, wenn die IfW-Prognose eintritt. Zuletzt waren immer mehr Ökonomen ins Lager der Pessimisten gewechselt, vergangene Woche etwa hatte der Industriestaaten-Verband OECD eine Rezession in Deutschland für den Herbst angekündigt.

Optimistischer gibt sich das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Institut (HWWI) in seiner neuen Prognose. Dort rechnen die Forscher mit drei Prozent Wachstum für dieses Jahr und mit einem bis anderthalb Prozent für das kommende. Sie gehen von einem „anhaltenden, flacheren Aufwärtstrend“ aus. Dabei verwies das HWWI auf die nun nötige Sparpolitik: Sie komme einem Spagat gleich, denn eine zu starke Konsolidierung könne zu einem Abgleiten in die Rezession führen. „Die Probleme sind keineswegs gelöst und die Risiken für eine noch deutlich ungünstigere Entwicklung nach wie vor groß“, schreiben die Ökonomen. „Die weltweiten Turbulenzen an den Börsen sind Ausdruck dessen und drohen über Vertrauens- und Vermögenseffekte auf die Realwirtschaft überzugreifen.“

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