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Wirtschaft: DGB bleibt bei der Ausbildung hart

Gewerkschaften: Vorschlag der Wirtschaft ist ein Ablenkungsmanöver / Gesetz der einzig mögliche Weg

Berlin (bib/dro/alf). Im Streit um eine gesetzliche Ausbildungsabgabe ist eine Einigung zwischen Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung nicht in Sicht. So haben die Gewerkschaften den Vorschlag des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK) abgelehnt, die geplante Ausbildungsabgabe durch einen freiwilligen „Pakt für Ausbildung“ zu ersetzen. „Wir bestehen auf einer gesetzlichen Regelung“, sagte IG-Metall-Sprecher Georgios Arwanitidis. Er habe den Eindruck, dass der Vorschlag des DIHK-Präsidenten Ludwig Georg Braun ein Ablenkungsmanöver sei, um die gesetzliche Regelung zu verhindern. Dagegen forderte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, „eine der Hauptursachen des Problems anzupacken“, nämlich die mangelnde Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen. Die Diskussion um die Ausbildungsabgabe lenke davon ab.

Kannegiesser zufolge brechen allein in Nordrhein-Westfalen 29 Prozent aller Lehrlinge die Ausbildung ab, und gut ein Fünftel aller Schulabgänger sei überhaupt nicht ausbildungsfähig. Statt mit einer „Tonnenideologie“, allein dabei stehen zu bleiben, jedes Jahr die Ausbildungsplätze zu zählen, „müssen wir die Voraussetzungen für die Berufsausbildung verbessern, die Strukturen und Inhalte der Ausbildung weiterentwickeln“, sagte der Gesamtmetallpräsident dem Tagesspiegel.

Ähnlich wie die IG Metall zweifelt auch der DGB an der Ernsthaftigkeit des DIHK-Angebots. Die Wirtschaft habe ihr Versprechen, dass jeder Jugendliche, der einen Ausbildungsplatz wolle, auch einen bekommt, nicht eingehalten, sagte ein Sprecher. Daher sei ein Gesetz die einzige Möglichkeit, den Ankündigungen der Wirtschaft Nachdruck zu verleihen. Während die Gewerkschaften an der umstrittenen Ausbildungsplatzabgabe festhalten, begrüßte Bundeskanzler Gerhard Schröder das DIHK-Angebot. Durch einen Pakt für Ausbildung könne verhindert werden, dass das geplante Gesetz für eine Ausbildungsplatzabgabe angewendet werde, sagte er am Donnerstag in Berlin. SPDChef Franz Müntefering machte allerdings klar, dass das Gesetz ungeachtet des Vorschlages auf jeden Fall kommen werde. „An dem Gesetz halten wir fest.“ Dennoch mehren sich in der Regierungskoalition die Stimmen, die Brauns Vorschlag befürworten. „Der Vorschlag hat eine reale Substanz und muss ernsthaft geprüft werden“, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Rainer Wend (SPD). Auch Fritz Kuhn (Grüne), Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit, sprach sich für den freiwilligen Ausbildungspakt aus, weil „der DIHK-Vorschlag detailliert genug Maßnahmen für praktische Probleme der Vermittlung von Ausbildungsplätzen enthält“.

Der DIHK will mit landesweiten Bündnissen dafür sorgen, dass genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Bundesländer, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und Kammern sollen eine Vereinbarung über das Angebot von Lehrstellen abschließen. Die IHKs würden sich gemeinsam mit den Landesregierungen um einen regionalen Ausgleich auf dem Arbeitsmarkt kümmern. Alle Jugendlichen, die zu Beginn eines Ausbildungsjahres keine Lehrstelle gefunden haben, sollen zu einem Kompetenz-Check eingeladen werden, damit sie anschließend gezielt nachvermittelt werden können. Jugendliche, die weder zum Kompetenz-Check erscheinen noch die Nachvermittlung wahrnehmen, sollen nach einer Einzelfallprüfung von der Liste unvermittelter Bewerber gestrichen werden.

Bei Abgabe weniger Lehrlinge

In einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sprachen sich rund 70 Prozent der gut 1000 befragten Betriebe gegen die Ausbildungsplatzabgabe aus. Überraschender fielen die Antworten auf die Frage aus, ob der jeweilige Betrieb bei Einführung der Abgabe mehr oder weniger Ausbildungsplätze anbieten würde. 9,4 Prozent der Befragten erklärten, sie würden ihr Ausbildungsplatzangebot reduzieren, nur 4,1 Prozent wollen in diesem Fall mehr Lehrlinge ausbilden als bisher. Ausgerechnet Betriebe, die schon heute über der angepeilten Ausbildungsquote von sieben Prozent liegen, kündigten überproportional häufig eine Reduzierung an. IW-Mitarbeiter Dirk Weber vermutete, dass es sich in erster Linie um Firmen handelt, die bisher aus besonderem sozialen oder regionalen Engagement über Bedarf ausbilden und im Falle einer staatlichen Abgaberegelung keinen Grund mehr für solchen Einsatz sähen.

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